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Ohne Halt ins Blaue

ISBN/EAN: 9783947767045
Umbreit-Nr.: 872513

Sprache: Deutsch
Umfang: 152 S.
Format in cm: 1.2 x 21 x 13.5
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 10.05.2021
€ 19,90
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • "Auch wenn diese Geschichte der Fantasie entspringt" schreibt Anna Pavignano, Autorin dieses Romans, "gibt es tatsächlich junge Leute, die in Küstenorten oder auf den italienischen Inseln leben und, wie Salvatore sagt, ein Leben führen, das eine Sommer- und eine Winterseite hat, wie eine Matratze. Ein Leben am Meer und eins auf der Baustelle. Ich habe auf der Insel Ventotene einen der vielen Salvatores getroffen, und er hat mir von dieser Realität erzählt, die ich nicht kannte. Daraus ist die Idee zu diesem Buch entstanden." Eine Geschichte von Liebe und Freundschaft, vom Meer und vom Glücklichsein, aber auch eine Geschichte über Tragödien, über Arbeitsunfälle und illegale Einwanderung. In den Themen so zweigeteilt wie die Lebensrealität des Protagonisten. Die bildhafte Schreibweise und die authentische Darstellung nehmen uns mit an den Ort des Geschehens und lassen uns unmittelbar an der Geschichte teilhaben. Ein wunderbares Leseerlebnis, das ein differenziertes Bild der italienischen Lebensrealität vermittelt.
  • Kurztext
    • Salvatore stammt von einer kleinen Insel im Mittelmeer. Sein Leben besteht aus einer Sommer- und einer Winterseite, einem Leben am Meer und einem auf der Baustelle. Es erzählt von unerfüllter Liebe und tiefer Freundschaft, von Freiheit und Glücklichsein, aber auch von Schwarzarbeit, Arbeitsunfällen und illegaler Einwanderung.
  • Autorenportrait
    • Anna Pavignano, geboren in der Provinz Novara, erhielt als mitwirkende Drehbuchautorin des Oscar-nominierten Films Il Postino (Der Postmann, Regie Michael Radford) Weltberühmtheit. Mit dem Filmstar Massimo Troisi, der in Il Postino die Hauptrolle spielte und mehrere Drehbücher Pavignanos als Regisseur und Hauptdarsteller verfilmte, verband sie eine große Liebe. Ihre Beziehung und Zusammenarbeit hielt bis zu dessen Tod. Seit 2007 ist sie neben ihrer Arbeit als Drehbuchautorin als Schriftstellerin tätig. Ohne Halt ins Blaue ist ihr zweiter Roman und erschien 2009 bei edizioni e/o.
  • Leseprobe
    • Das Meer ist blau, der Ziegelstein ist rot. Die Wellen machen Schaum, der Kalk Blasen. Im Sommer scheint die Sonne, und es ist heiß. Im Winter scheint auch die Sonne, aber es ist kälter. Meine Insel ist ein hingespucktes Stück schwarze Erde mitten im Meer, und zum Glück sind die Häuser rosa und gelb, denn wenn ich zurückkomme - vor allem wenn ich lange weg war zum Arbeiten -, machen sie mich schon von weitem froh. Mein Boot ist weiß und blau, und ich hab es selber angestrichen. Ich hab auch ein Sonnensegel draufmontiert, das vorher nicht da war. Von einem, der drei Jahre lang versucht hatte, sein Motorboot loszuwerden, hab ich Polster aus Kunstleder gekauft, Sitzkissen, die wie für die Außenbänke gemacht waren: sogar das spitze vorne für den Bug passt perfekt. Manchmal tobt das Wasser so wütend in den Hafen, dass man tagelang nicht rein- und rausfahren kann. Und dann ist es hier, als wär man aus der Welt. Wir von hier, wenn wir abgeschnitten sind, dann machen wir einfach unsere normalen Sachen weiter und tun ganz gelassen. Aber wenn wir uns anschauen, ist da doch ein bisschen Angst. Wie um zu sagen: "Wann hört das wieder auf?", oder einfach nur: "Hört das überhaupt mal wieder auf?" Irgendwann hört es dann auf - immer. Dann kommen die Schiffe. Und fahren wieder weg. Und die Touristen, wenn welche da sind, fahren wieder heim. Die sind an den Tagen, wo sie hier festsitzen, alles andere als gelassen. Sie sind stinksauer auch auf uns, die wir hier leben. Als ob wir was dafür könnten, dass man nichts machen kann, damit das Meer wieder glatt wird und der Wind aus der richtigen Richtung weht. Die Leute haben schlechte Gewohnheiten. Sie sind gewöhnt, dass es immer irgendeinen Weg gibt, um die Situationen so hinzudrehen, dass sie es schön bequem haben. Dabei hat mein Vater mir beigebracht, dass man manche Sachen, wie die Natur, eben so nehmen muss, wie sie sind. Er fährt Linienschiffe, und als ich klein war, hab ich ihn bewundert. Wenn ich ihn so sah mit dem Steuerruder in der Hand, hab ich immer gedacht, dass ich diese Arbeit auch machen will, damit ich so toll werde wie er. Später, wenn du älter wirst, werden die Väter weniger wichtig, und dann siehst du sie so, wie sie sind. Aber damals, so ganz in Weiß mit so goldenem Schmuck auf dem Hemd, da kam er mir vor wie ein ganz Großer. Dabei hat er selber immer wieder zu mir gesagt, du glaubst wohl, so ne Fähre zu steuern ist weiß Gott was für ein Abenteuer, aber nach ner Weile ist es auch nichts anderes als Bus fahren. Ich war noch fast ein Kind, als ich zum ersten Mal ganz alleine aus dem Hafen rausgefahren bin, in einer Nussschale, zu der man nicht wirklich Boot sagen konnte. Mein Herz hat geklopft wie verrückt, aber ich wollte nicht zugeben, dass ich Angst hatte. Ich hab mich erwachsen gefühlt, und das fand ich ziemlich gut. Ich hatte sogar schon ein Barthaar am Kinn, das mir vor ein paar Tagen gewachsen war; im Wind, der draußen auf dem Meer immer weht, kam es mir so vor, als würde es sich auf und ab bewegen, und während ich mit einer Hand das Steuer hielt, hab ich es mir mit der anderen glattgestrichen, so wie ich es bei meinem Vater mit seinem Schnurrbart gesehen hatte. Als ich in der 9. Klasse zweimal sitzengeblieben war, hat er nicht mehr drauf bestanden, dass ich weiter in die Schule soll. Er ließ mich in Ruhe, und kaum war ich sechzehn, hab ich den Bootsführerschein gemacht und ein schönes Schild an mein Boot gehängt, auf dem stand: "Willst du aufs Meer? Zu jeder Zeit steht Salvatore für dich bereit. Tag- und Nachtfahrten." Am Anfang schauten die anderen, die auch Ausfahrten mit den Touristen machten, auf mich runter. Weil sie dachten, ich wär noch ein kleiner Junge. "Das will ich mal sehen, was du machst, wenn irgendwas passiert", sagten sie zu mir. Aber in Wirklichkeit hatten sie nur was gegen mich, weil ich noch einer mehr war, der ihnen die Arbeit wegnahm. "Was soll mir denn schon passieren?", fragte ich zurück. "Irgendwas halt. Leute rumfahren heißt V