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Blicke der Liebe und des Neids

Roman, PERLEN 2
ISBN/EAN: 9783737412308
Umbreit-Nr.: 1804724

Sprache: Deutsch
Umfang: 176 S.
Format in cm: 1.7 x 20.5 x 12.8
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 20.02.2024
Auflage: 1/2024
€ 22,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Eine junge sardische Frau begibt sich mit ihrem Mann auf Hochzeitsreise an einen stürmischen Ort am Meer. Noch bevor die Braut das alte Städtchen in der wilden Berggegend überhaupt kennenlernen kann, begegnet sie dem 'schwarzen Mann', einem schluchzenden Geigenspieler, und erkennt in ihm Gabriele wieder, den Virtuosen, in den sie sich vor Jahren verliebt hatte, und der damals spurlos verschwunden war. Die Begegnung stürzt die Erzählerin in größte Seelenqualen. Denn obwohl sie willens ist, mit ihrem Ehemann, den sie vergöttert und der in seiner patriarchalen Rolle fest verankert ist, die gemeinsame ewige Glückseligkeit anzustreben, regt sich Trotz und Widerstand in ihr. Sie will ihre alte Liebe nicht begraben, denn diese romantische Fantasie ist so sehr sie selbst, dass sie - die Liebe zu Grabe tragend - sich selbst begraben würde. In dem zeitvergessenen Ort der archaischen Provinz Sardiniens nimmt das innere Drama der Protagonistin Gestalt an. Als es am Abend eines Dorffestes endlich zur Begegnung zwischen ihr und Gabriele kommt, stellt die junge Frau mit Entsetzen fest, dass er gegen sie einen heftigen, alten Groll hegt Der vielleicht schönste Roman der hierzulande kaum bekannten sardischen Literaturnobelpreisträgerin.
  • Leseprobe
    • Trotz der gebotenen Vorkehrungen und sorgsamer Planung wurde unsere Hochzeitsreise zu einem Desaster. Geheiratet haben wir im Mai, und sind gleich nach der Trauung aufgebrochen. Es war Mittagszeit, ein frisches Lüftchen voller Blumenduft wehte, und Rosen, Rosen säumten unseren Weg. Junge Mädchen warfen sie aus den Fenstern ihrer Häuser und händeweise Korn und Blicke der Liebe und des Neids hinterher. Der ganze Bahnhof war mit Rosengirlanden geschmückt, und rötlich schimmerten auch die Hecken im Tal. Rosen und Korn. Liebe und Glück. Alles war uns hold. Das Ziel unserer Reise, passend zum Anlass, stand fest: Ein kleines Haus zwischen grünen Auen und dem Meer, wo mein Bräutigam einige Male seine Ferien verbracht hatte. Eine ältere Frau, verschwiegen und tüchtig in häuslichen Angelegenheiten, die er bereits kannte, sollte sich unserer materiellen Bedürfnisse annehmen. Wir würden dann am Meeressaum entlangspazieren oder uns inmitten der Wiesen übersät mit Liguster oder weiter entfernt zwischen den moossamtigen Mäandern des rauschenden Pinienhains ergehen. Ich hatte mir eigens einen Strohhut aus Florenz besorgt, biegsam und mit breiter Krempe wie die Flügel eines großen Schmetterlings, mit flatterndem, karmesinrotem Band, ähnlich denen, wie sie die Heroinen bei Alexandre Dumas, dem Jüngeren tragen. Und bis zum ersten Halt des gemächlichen Zugs verlief unsere Reise nach herkömmlicher Manier: Zuerst einige Tränen vergossen, wegen der zurückgelassenen Menschen und Dinge; dann einander zulächelnd, unsere Hände ineinander verflochten, Augen, in denen sich die geliebten Augen des anderen ins Unendliche widerspiegeln. Herzen voll der Gewissheit, dass die ganze Welt ein irdisches Paradies ist und ausschließlich uns und nur uns gehört. Rosenblätter und Weizenkörner verbargen sich noch immer in den Falten meines Gewands. Diesem anmaßenden Traum fügte die Wirklichkeit beim ersten Halt des kleinen Zugs einen Riss zu. Nein, die Welt ist nicht gänzlich unser. Viele Leute erheben Anspruch auf sie! Der kleine Bahnhof mitten in der Landschaft wird überfallen von einer Menschenherde wie die, die im Sommer von den Städten aus in Richtung der Badeorte losfahren; aber die Menge hier ist noch auftrumpfender und unangenehmer. Es sind alles junge Männer, fast noch Burschen: Leute vom Dorf, Bauern, Viehhüter, in grotesker Aufmachung, mit Bergstiefeln, geschnürten Bündeln, Wanderstöcken, Geruch nach Herdentier und Menschheit im Kontakt mit der Erde. Im ersten Moment erschienen sie mir wie Auswanderer, doch um freiwillige Exilanten zu sein, waren sie alle viel zu jung, zu heiter, auch wenn ihre Heiterkeit etwas Erzwungenes und Unbändiges hatte. 'Das sind Rekruten', erklärt mir mein Ehemann, 'siehst du nicht den Sergeanten, der sie anführt?'