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Psychoanalytische Psychotherapie mit Eltern und Säuglingen

Grundlagen und Praxis therapeutischer Hilfen
Baradon, Tessa/Broughton, Carol/Gibbs, Iris u a
ISBN/EAN: 9783608946680
Umbreit-Nr.: 969226

Sprache: Deutsch
Umfang: 287 S.
Format in cm: 3 x 23.5 x 16
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 13.09.2011
Auflage: 1/2011
€ 35,00
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Kurztext
    • Die Autorengruppe des Anna-Freud-Centre in London um Tessa Baradon gibt einen systematischen Einblick in ein psychoanalytisch und bindungstheoretisch fundiertes Modell der ElternSäuglingsPsychotherapie. Sie stellt ein Therapiemodell vor, das gleichermaßen mit bewussten und unbewussten Prozessen bei Eltern und Säuglingen arbeitet. Therapeutische Anleitungen zeigen, wie man effizient frühe Hilfen leisten kann. 'Das Buch von Baradon et al. ist äußerst wertvoll. Ich habe es mit großem Gewinn gelesen und empfehle es gerne weiter, denn es gibt kein besseres zu dieser Thematik.' Dr. med. Nikolaus v.  Hofacker, Chefarzt am Städtischen Klinikum Harlaching, München
  • Autorenportrait
    • Tessa Baradon ist analytische Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und Supervisorin und unterrichtet Kinder-Psychoanalyse und -Psychotherapie und Infant Mental Health. Sie hat das Eltern-Kleinkind-Projekt (PIP - Parent- Infant-Project) am von Peter Fonagy geleiteten Anna-Freud-Centre in London entwickelt und leitet es.
  • Schlagzeile
    • Früh und effizient Hilfe leisten
  • Leseprobe
    • Vorwort Dieses Buch liefert ein unschätzbares theoretisches Werkzeug und wertvolle klinische Anleitung für alle, die im stetig wachsenden Bereich der Eltern-SäuglingsPsychotherapie tätig sind. Es bietet eine klare, umfassende Darstellung der aufeinanderfolgenden Schritte in der therapeutischen Begegnung, erläutert die Grundprinzipien der Intervention und erörtert mögliche Behandlungstechniken. Bezeichnend für dieses Buch ist zudem, dass es reale Fallbeispiele aus der Praxis präsentiert und dabei den therapeutischen Prozessen nachspürt, die sich zwischen einzelnen Eltern und Säuglingen sowie im Gruppenkontext mit Müttern und Babys entfalten. Das macht es zu einer essenziellen Ressource, die der wachsenden Zahl der PraktikerInnen in der Eltern-Säuglings-Psychotherapie sowohl Einblicke in das psychodynamische Denken als auch behandlungstechnische Anleitung bietet. Es gibt meiner Ansicht nach zwei Hauptgründe für die rasante Ausbreitung der Eltern-Säuglings-Therapie in den letzten Jahren: Zum einen hängt dies mit den heutigen psychosozialen Bedingungen zusammen, die verstärkt zu Störungen in der frühen Elternschaft führen, zum anderen mit der wachsenden Erkenntnis, dass primäre Beziehungen nicht nur systemisch und intersubjektiv, sondern zu einem Großteil subkortikal und noch unsymbolisiert sind - das heißt, sie setzen sich aus hochemotionalen Interaktionen zwischen zwei oder mehr sich wechselseitig beeinflussenden Wesen zusammen, die intuitiv die Gefühle des jeweils anderen wahrnehmen und darauf reagieren. Bei auftretenden Problemen ist daher der 'Patient' weder der Elternteil/das Elternpaar noch das Baby, sondern die Beziehung. Daraus ergibt sich die elementare Notwendigkeit einer gemeinsamen Psychotherapie. Dieses Buch stellt ein Modell der Eltern-Säuglings-Psychotherapie vor, in dem der Säugling als aktiver und kreativer Partner in der Therapie gesehen wird. Das Buch fokussiert auf Techniken, die die aktive und kreative Beziehungsgestaltung des Säuglings fördern, basierend auf dem stetig wachsenden Gebiet der neonatalen und neurowissenschaftlichen Säuglingsforschung. Diese Forschungen belegen, dass schon Neugeborene über weit mehr Fähigkeiten und ein größeres Unterscheidungsvermögen verfügen, als früher angenommen, und mit überaus sensiblen Gefühlen sowie mit der angeborenen Fähigkeit ausgestattet sind, die Emotionen anderer richtig zu verstehen und zu beantworten. Das entspricht einer Schwerpunktverlagerung in der psychoanalytischen Theorie, vom singulären ödipalen Individuum hin zu 'Objektbeziehungen' zwischen dem prä-ödipalen Säugling und seiner Mutter und darüber hinaus zu einer graduellen Anerkennung von interpsychischen 'Subjektbeziehungen' zwischen kompetentem Säugling und seinen primären Bezugspersonen, die reale (und fehlbare) eigenständige Subjekte sind (anstatt Fantasiefiguren oder unerschöpfliche Versorger). Wegbereitend für diese neue Sichtweise waren klinische Beobachtungen von begnadeten Psychoanalytikern, die durch ihre Arbeit mit Säuglingen erstmals zu der Erkenntnis gelangten, dass man Entwicklung nicht als eine vorprogrammierte Entfaltung der Kognition betrachten sollte, sondern als eine allmähliche Herausbildung von angeborenen sozialen, mentalen und sprachlichen Fähigkeiten innerhalb der Matrix einer spezifischen 'fördernden Umwelt'. Doch wie dieses Buch zeigt, kann dieser komplexe Entwicklungsprozess auf vielerlei Art 'entgleisen'. Man darf nicht vergessen, dass Störungen in der Eltern-Säuglings-Beziehung heute im Kontext eines rapiden Wandels familiärer Beziehungsmuster auftreten, die durch eine geringe Zahl von Unterstützungsnetzwerken und durch intensive emotionale Abhängigkeiten in Partnerschaften gekennzeichnet sind. Das führt unweigerlich zur Destabilisierung der Paarbeziehung nach dem Übergang zur Elternschaft und der Zeit danach. Kleinere familiäre Kerneinheiten, weit verstreut lebende Familien und fehlende soziale Bezüge zu deutlich jüngeren oder deutlich älteren Menschen tragen dazu bei, dass Heranwachsende heute weniger Erfahrungen mit Säuglingen sammeln und auch weniger Anleitung für die Elternrolle durch erfahrene Andere erhalten. Noch wichtiger ist, dass Eltern selbst einmal Säuglinge waren und unverarbeitete Reste ihrer Kindheitserfahrungen in sich tragen. Wie die klinische Praxis zeigt, bieten die heutigen sozialen Bedingungen dem Individuum wenig Gelegenheit, infantile Erfahrungen in Gegenwart neugeborener Geschwister oder Cousins und Cousinen durchzuarbeiten, bevor es die alleinige Verantwortung für ein eigenes Kind übernimmt. Das macht frischgebackene Eltern anfällig dafür, dass ihre eigenen unverarbeiteten Gefühle genau zu dem Zeitpunkt reaktiviert werden, wenn ihre Fähigkeiten als Erwachsene besonders dringend gebraucht werden. Die unablässige Konfrontation mit den primitiven Affekten des Säuglings und mit Ur-Substanzen (wie Urin, Fäkalien, Wochenfluss, Muttermilch ) revitalisiert unintegrierte, verdrängte oder verleugnete Kindheitserlebnisse mit den eigenen Eltern. Diese ansteckende Erregung (contagious arousal, Raphael-Leff, 2005) erzeugt eine plötzliche Freisetzung von unbewussten Kräften und überflutet anfällige junge Eltern mit traumatischen Flashbacks, überwältigenden Gefühlen der Wut, Schuld oder des Selbsthasses und/oder schrecklicher Hilflosigkeit, was ihre erwachsenen Fähigkeiten hemmt und dazu führen kann, dass sich unbewusst archaische Muster mit dem Baby reinszenieren, mit nachteiligen und langfristigen Folgen für das Kind. In diesem Fall sind therapeutische Interventionen von größter Bedeutung. Psychoanalytiker sind sich seit langem der generationsübergreifenden gegenseitigen Durchdringung innerer Welten bewusst. In psychoanalytisch orientierten Eltern-Säuglings-Therapien geht man von der Annahme aus, dass die Selbsterfahrung des Säuglings durch Interaktionen mit primären Anderen entsteht und dass Verhaltensweisen interaktive innere Realitäten widerspiegeln. Wenn Säuglinge für eine Therapie überwiesen werden, weil Mitarbeiter aus der medizinischen Grundversorgung, Allgemeinmediziner oder Eltern eine Vielzahl von Problemen bei ihnen feststellen, so deutet dies auf eine Störung der Familie hin. Im ersten Lebensjahr können sich diese Probleme auf vielfältige Weise manifestieren. Das vorliegende Buch bietet eine ausführliche Erörterung von Bindungsfragen und psychosozialen Faktoren, die der sich präsentierenden Symptomatik zugrunde liegen, und versetzt den Leser dadurch in die Lage, über den konkreten Behandlungsanlass hinauszusehen und unbewusste Konflikte und Repräsentationen zu erkennen. Anschließend beschreiben die Autorinnen Leitlinien für die Arbeit mit Abwehr und Widerstand im therapeutischen Prozess und weisen darauf hin, dass die 'Wirksamkeit einer therapeutischen Behandlung davon abhängt, inwieweit es gelingt, das Containment der Angst und die Durchbrechung habitueller und pathologischer Formen des Miteinanderseins in der Balance zu halten' (siehe Kapitel 2, S. 54). Der Übergang zur Elternschaft mit ihrer emotionalen Verwundbarkeit und ökonomischen Abhängigkeit ist häufig auch mit erhöhten Spannungen, einer Zuspitzung von Konflikten und häuslicher Gewalt verbunden. Leider konzentrieren sich viele Behandlungen immer noch ausschließlich auf die Mutter anstatt auf beide Elternteile und vernachlässigen die Psychodynamik zwischen den Partnern. Das in diesem Buch beschriebene Modell greift die Frage auf, wie beide Elternteile als Paar funktionieren, und tritt dafür ein, den Vater in den therapeutischen Prozess mit einzubeziehen. Darüber hinaus fehlt es heute leider immer noch an bestehenden Angeboten und Verfahren, mit denen Probleme schon vor der Geburt des Kindes ermittelt werden können. Auch hier gilt, dass die in diesem Buch erläuterten theoretischen und klinischen Grundlagen Leitlinien für ein Verständnis und eine Ermittlung von Risiken bieten. Bei den heutigen knappen therapeutischen Ressourcen stellen die Ermittlung von Hochrisikogruppen und eine frühe Intervent...