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Mit der Trauer kämpfen

Schmerz und Trauer in der Psychotherapie traumatisierter Menschen
ISBN/EAN: 9783608946291
Umbreit-Nr.: 1200916

Sprache: Deutsch
Umfang: 249 S.
Format in cm: 2.6 x 23.4 x 16
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 11.03.2011
Auflage: 1/2011
€ 16,00
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Kurztext
    • Wie können Psychoanalytiker Patienten beim Umgang mit Schmerz und Trauer helfen? Was ist ihre Rolle im Trauerprozess? Wie kann Trauer gelingen? Ziel der therapeutischen Arbeit ist es, dem Patienten Trauer zu ermöglichen und ihm zu helfen, seine Hilflosigkeit zu ertragen und seinem Leben einen Sinn zu geben.
  • Autorenportrait
    • Ilany Kogan ist Lehranalytikerin der Israelischen Psychoanalytischen Gesellschaft, Supervisorin in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum in Hamburg-Eppendorf, in der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse (MAP) und am Psychotherapeutischen Zentrum für Kinder- und Jugendliche in Bukarest sowie Ausbilderin und Supervisorin an der IPA Psychoanalytic Group in Istanbul. Sie war Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Fritz Bauer-Instituts für Holocaust-Forschung in Frankfurt am Main. Kogan hat intensive Forschungen mit den Nachkommen der Holocaust-Überlebenden betrieben. 2005 erhielt sie den Elise M. Hayman Award for the Study of the Holocaust and Genocide. Sie ist weltweit als Ausbilderin und Supervisorin tätig und arbeitet in Tel Aviv in privater Praxis.
  • Schlagzeile
    • Dem Trauernden helfen, zurück ins Leben zu finden
  • Leseprobe
    • Vorwort Bis vor einigen Jahren war an den Universitäten nur von 'englischer' und 'amerikanischer' Literatur die Rede. Inzwischen gibt es auch Lehrveranstaltungen für 'kanadische', 'australische' oder 'südafrikanische' Literatur. Diese Achtsamkeit auf die kulturelle Vielfalt ist nun endlich auch in der Psychoanalyse angekommen. Gerade unter diesem Aspekt können wir Ilany Kogan an erster Stelle als Repräsentantin der 'neuen israelischen Psychoanalyse' vorstellen. Als Autorin veröffentlicht sie in englischer Sprache, die nicht ihre Muttersprache ist, um überall in der Welt gelesen und verstanden zu werden, und es gelingt ihr, Gedanken, Thesen und Erkenntnisse in der Weltsprache der modernen Psychoanalyse vorzutragen und zu formulieren. Wie diesem hervorragenden Sammelband zu entnehmen ist, hat Ilany Kogan die besondere Fähigkeit des Austauschs und der Kommunikation - eine Kollegin, die sehr gut formulieren und ihre Leser für ihre Themen und ihre Arbeit eindrucksvoll gewinnen kann. Diese Tugend, so persönlich in ihre Fallberichte einbezogen zu sein, wie Ilany Kogan sie häufig zu erkennen gibt, war bis vor einigen Jahren in der Psychoanalyse nicht geschätzt und schon gar nicht anerkannt. Heute endlich darf ein Therapeut auch über sich selbst und seine Erfahrungen sprechen: 'Dieser Band ist aus meinen eigenen Kämpfen gegen die Trauer, deren ich mich auf professioneller wie auch auf persönlicher Ebene zu erwehren versuchte, hervorgegangen', bekennt Ilany Kogan gleich zu Beginn der Danksagung. Die verschiedenen Themen dieses Bandes betreffen nicht nur ihre jüdische Identität und die lebenslange Verarbeitung dieses besonderen Schicksals, sondern auch die Art und Weise, wie sie sich selbst als Person und als Analytikerin erlebt und entwickelt hat; sie handeln auch von der Überwindung vieler Hindernisse, die zu ihrer Biographie gehören. 'Was ist Trauer? In diesem Buch', lesen wir in der Einleitung, 'wird sie als ein Konnex von Prozessen definiert, die dem von einem Verlust betroffenen Menschen die Weiterentwicklung ermöglichen. In diesem Band untersuche ich die Hindernisse, die sich der Trauer entgegenstellen'. Mit anderen Worten, nur nach einem gelungenen Trauerprozess wird es möglich, unsere Identität innerlich zu verarbeiten und zu reorganisieren - Voraussetzung für jede neue Lebensphase. Und das betrifft nicht nur den Einzelnen, sondern auch ganze Gruppen und Gesellschaften: Mit ihnen befasst sich die Autorin im zweiten und dritten Teil dieses Bandes. In der Einleitung bietet sie eine sehr genaue und einladende Zusammenfassung der acht Kapitel, und sie formuliert darin ihren gemeinsamen Nenner: 'Die Fähigkeit zu trauern und die Fähigkeit, ein gewisses Maß an Hilflosigkeit zu ertragen und dennoch einen Sinn im Leben zu finden, sind die in diesem Band beschriebenen Ziele der analytischen Arbeit.' Die spezifische Integration von persönlicher und beruflicher Ebene, die diesen Band (wie auch zuvor Der stumme Schrei der Kinder und Flucht vor dem Selbstsein ) auszeichnet, kommt besonders durch die ungewöhnliche Fähigkeit der Autorin zum Ausdruck, ihr Denken anhand von Fallbeispielen zu vermitteln, so dass die Leser 'das Gefühl' haben können (wie sie selbst in der Einleitung schreibt), 'anwesend zu sein und den intimen therapeutischen Dialog minuziös zu verfolgen'. Eine solche Fähigkeit (die auch Julia Matthews in ihrer Besprechung des Buches in Psychoanalytic Quarterly sehr schätzt) erinnert an moderne Autoren wie Antonino Ferro und Thomas Ogden. Gerade diese Methode erlaubt der Autorin auch, uns zu zeigen, wie stark sie sich an der - in den einzelnen Momenten oder Phasen der Behandlung entstehenden - Übertragung der Patientin auf die Analytikerin orientiert. Besonders gut kommt dieser Aspekt in den Kapiteln: 'Ewig jung' und 'Lust auf Liebe' des Ersten Teils 'Erschwernisse der individuellen Trauer' zum Ausdruck. 'In der Übertragung fühlte ich mich wie der gewalttätige, erregende Vater-Analytiker', berichtet die Autorin in Bezug auf eine schwierige Phase der analytischen Arbeit mit der Patientin Dina, 'die sie wütend machte und von der sie sich gleichzeitig auf eine unerlaubte Weise angezogen fühlte'. Nicht weniger ambivalent war die Beziehung der Patientin zu ihrer Mutter, sodass sie 'in der Übertragungsbeziehung sowohl ihre eigene Rolle als auch die ihrer instabilen Mutter spielte' und dabei der Analytikerin 'die jeweils komplementäre Rolle zuwies'. Es gelang ihr, der Patientin Dina zu helfen, einen großen Teil ihrer manischen Abwehrmechanismen aufzugeben und einen echten (wenn auch nur partiellen) Trauerprozess zu durchleben, aber in der abschließenden Diskussion überlegt die Analytikerin, inwieweit sie wirklich erfolgreich war. Drehte sich der theoretische Teil der Diskussion dieses Falles um das Problem der Beendigung der Analyse, so führt die Autorin im 3. Kapitel - im Vorfeld zur Vorstellung der Patientin Deborah - das Problem der 'Berührung in der analytischen Behandlung' ein. Eine erfolgreiche Frau Mitte 40, verheiratet und Mutter von sieben Kindern, versuchte Deborah 'ihre innere Abgestorbenheit durch eine körperliche Beziehung zu einer Frau - zu mir in der Übertragung - manisch abzuwehren'. Der Analytikerin gelang es durch ihre konstante Aufmerksamkeit auf die Übertragungsbeziehung und durch ihre kreative Fähigkeit, Worte zu finden, durch die sich die Patientin berührt fühlte, was den beiden schließlich erlaubte, gut zusammenzuarbeiten. Trotzdem kommt die Autorin in der Diskussion noch auf das Problem der Grenzen unserer Arbeit zurück. 'In Deborahs Behandlung musste ich meine Ziele revidieren', heißt es am Ende des Beitrags, 'und akzeptieren, dass eine Kompromisslösung die einzige für meine Patientin akzeptable Lösung war.' Eine weitere Dimension dieses Bandes, den man auch als eine Reihe von ineinander verflochtenen Dimensionen verstehen kann, ist der Trauerprozess selbst, der Ilany Kogan veranlasste, 'in den vorliegenden Band auch Fälle aufzunehmen, die weniger erfolgreich behandelt werden konnten, und meinen therapeutischen Narzissmus durchzuarbeiten, meine analytischen Ziele neu zu definieren und über die Grenzen der Therapie zu trauern' - wie sie in der Einleitung bekennt. Gleichzeitig erleben wir in diesem lehrreichen und faszinierenden Band auch die dialektisch entgegengesetzte Dimension: wie sich die Autorin nach Kräften bemüht, gegen die Begrenzungen anzukämpfen, die unsere therapeutische Arbeit weniger erfolgreich machen, auch wie sie mit sich selbst kämpft, bis sie in Kontakt mit den eigenen persönlichen und beruflichen Grenzen kommt. Diese Dimension ihrer Arbeit kommt im Beitrag 'Was es bedeutet, ein totes, geliebtes Kind zu sein' besonders bewegend zum Ausdruck - dem umfangreichsten Kapitel des ganzen Bandes: 'Unbewältigte Trauer und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft'. Hier geht es nicht nur um Nurit, eine Wissenschaftlerin, die als einziges Kind von zwei Holocaust-Überlebenden aufwuchs und eine Mutter erlebte, die sie als Ersatzkind für die eigene verlorene Tochter nahm, was die Beziehung der Patientin zu dieser Mutter und die seelische Entwicklung der Patientin sehr prägte - hier geht es auch um die Analytikerin oder um 'die spezifischen Gegenübertragungsprobleme, die damit zusammenhingen, dass ich als Analytikerin derselben Großgruppe angehörte wie meine Patientin'. Nachdem es ihr gelungen war, der Patientin zu helfen, mit ihren Emotionen wieder in Kontakt zu kommen, die sie gegenüber der Mutter hatte verbergen müssen, war die Analytikerin bereit, 'vorbehaltlos ihr bewusstes Gefühl zu akzeptieren, das Opfer einer Mutter zu sein, die die Realitätswahrnehmung ihres Kindes zerstörte'. Weniger bereit war sie aber, 'ihre Wut auf mich zu ziehen und zu ihrem Opfer zu werden', oder der 'kritisierenden, verfolgenden Mutter' in der Übertragungsbeziehung genug Raum zu geben. Wodurch war also diese Kollusion entstanden? In der Diskussion des Falles kommt die Analytikerin noch auf den genauen Grund dieser Kollusion zu sprec...