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Cotta's kulinarischer Almanach No. 14

Alltag und Feste
ISBN/EAN: 9783608937992
Umbreit-Nr.: 1073374

Sprache: Deutsch
Umfang: 249 S.
Format in cm: 2.5 x 22.5 x 13.7
Einband: Halbleinen

Erschienen am 25.08.2006
€ 21,95
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Der letzte Band zum Thema 'Deutschland' ist noch in guter Erinnerung - deshalb auch diesmal engagierte Beiträge und ein paar kritische Blicke zur kulinarischen Entwicklung in unserem Land. Natürlich ist die Szene in Berlin wichtig: Wir schauen dort in Imbißlokale und Lounges, steuern aber ebenso einige feine Rezepte aus der Hochküche der Hauptstadt bei. Hannelore Schlaffer fragt, ob die Unterscheidung zwischen Alltag und Fest heute nicht eingeebnet ist. Katja Mutschelknaus begreift den Kaffeeklatsch in München, Aachen und Dresden als Fest. Michael Frank entdeckt in Wien die Festkultur und ein altes Sonntagsessen: die Rindssuppe. Und wir reisen um die Welt: Alexander Smoltzcyk berichtet über die alltägliche Küche der Kardinäle in Rom, Sven Berggötz über den Business-Lunch in New York, Antje S. Bonhage erzählt farbig vom Geschäftsessen im boomenden Peking. Ein Weinseminar wird getestet, verführerisch über den Rauch einer guten Zigarre nachgedacht. Und Denis Scheck reist mit spitzer Feder an einen Ort, der virtuell ist und zugleich unser aller Kindheitsparadies: 'Speis und Trank in Entenhausen' ist sein großes Thema.
  • Kurztext
    • Zwischen kulinarischem Alltag und Fest, zwischen Imbiß, Business-Lunch und Gourmet-Tempel bewegen sich die neuen Beiträge unseres Jahrbuchs.
  • Autorenportrait
    • Erwin Seitz, geboren 1958 in Wolframs-Eschenbach als Sohn einer Gastwirts- und Metzgermeisterfamilie, Besuch einer Klosterschule, Lehre als Metzger und Ausbildung zum Koch im Kempinski, Berlin. Studium der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der FU Berlin und am St. John's College in Oxford. Dissertation über Goethes Autobiographie. Seitz lebt als freier Journalist in Berlin und schreibt über Feinschmeckerei. Regelmäßige gastrosophische Beiträge in der F. A. Z. Seitz ist seit 2002 Herausgeber von "Cotta's kulinarischem Almanach". Bei KlettCotta ist von ihm außerdem erschienen: "Butter, Huhn und Petersilie Anregungen für eine bessere Küche".
  • Leseprobe
    • Hors d' ?uvre Das neueste Spiel der Gastronomie von Erwin Seitz Vorspiel Wandel gibt es zu allen Zeiten. Nur der Druck oder die Lust der Veränderung sind unterschiedlich hoch. Die mediale Revolution am Übergang vom fünfzehnten zum sechzehnten Jahrhundert, die Erfindung der Buchdrucks, die Entdeckung der Seewege nach Indien und Amerika, die Gründung der Post im Heiligen Römischen Reich: all das veränderte schon einmal schlagartig die Reichweite der Kommunikation. Patrizier in Nürnberg oder Augsburg verwandelten sich in Global Players, unterhielten Handelsniederlassungen in Venedig, Lissabon, Antwerpen und Krakau, empfanden es damals schon als schick, ihrem Speisezettel einen Hauch von Cross-over zu verleihen. Sabina Welserin, die große Köchin und Augsburger Patriziertochter, verfaßte 1553 ein Kochbuch, das der veränderten Situation der weltoffenen, internationalen Kaufleute Rechnung trug. Den Hecht legte sie in eine 'polnische' oder 'ungarische Brühe', servierte eine 'Englische Torte' oder 'Spanisches Gebäck', nahm mediterrane Elemente in ihre Kochkunst auf, die damals nördlich der Alpen noch völlig ungewöhnlich waren, kochte mit Rosmarin, Limonen, Parmesan, Feigen und Datteln, brachte 'Ravioli' auf den Tisch, die sie mit Spinat und Käse füllte. Wenn man ihr Kochbuch liest, spürt man bis heute die Freude daran, mit neuen Produkten und Rezepten einen erweiterten kulturellen Horizont widerzuspiegeln. Die leichte mediterrane Küche, die dem behenden, frühkapitalistischen homo oeconomicus entgegenkam, setzte sich vorläufig nicht durch. Italien mußte den kulinarischen Stab an Frankreich übergeben, dessen Könige den barocken Gedanken auf die Spitze trieben. Nicht nur die Ausmaße von Versailles wurden übersteigert, alle Dinge des guten Lebens wurden über die Maßen formalisiert. In Küche und Service wurde am königlichen Hof und an fürstlichen Häusern ein Aufwand betrieben, der in der Geschichte kaum seinesgleichen hatte. So gut wie nichts durfte sein natürliches Aussehen bewahren, so gut wie alles sollte visionär sein. Die Köche machten Anleihen bei der illusionären Kunst von Oper und Theater. Fleisch und Gemüse wurden partout mit Soßen überzogen, um Glanz und schönen Schein zu entwickeln. Selbst als der König enthauptet war, hielten die Revolutionäre an gewissen höfischen Sitten fest. Die Jakobiner sorgten dafür, daß der aristokratische Salon durch öffentliche Restaurants ersetzt wurde, um darin wie Fürsten zu speisen. Das Zeitalter des Barock exisitierte als milder Nachsommer in den Luxusrestaurants der Bourgeoisie fort. Der 'Guide Michelin', der im Jahr 1900 zum ersten Mal erschien, wurde zu einem Relikt des Ancien régime. Bis in die Gegenwart hinein vergibt er in der Regel nur dann einen Stern, wenn ein hoher formeller Aufwand betrieben wird, während sich der zeitgenössische homo oeconomicus längst wieder der leichten, mediterranen Art zuwendet. Swing des Informellen Die mediale Revolution am Übergang vom zwanzigsten zum einundzwanzigsten Jahrhundert, die Omnipräsenz von Fernsehen und Werbung, von Internet und schnurlosem Telefon, Hochgeschwindigkeitszüge und billige Flüge: All das verändert abermals schlagartig die Reichweite der Kommunikation. Jetzt rückt die Welt nicht nur näher zusammen, sondern auch die zeitlichen Abläufe vollziehen sich viel schneller. Alles Getragene, Formelle, Festliche, was Zeit und Aufwand erfordert, wird zur Last. Die Bohemiens des Computerzeit alters huldigen dem Informellen, Beiläufigen, Schwerelosen, lieben die Vielfalt, die originell ist, wünschen sich Kleinigkeiten, die etwas wert sind. Die Bergmannstraße in Berlin, die nicht weit von Kreuzberg entfernt liegt, war noch vor zwanzig Jahren eine graue, leblose Meile. Heute zählt sie zu den schönsten Off-Boulevards, die man hierzulande finden kann. Hatte einst der Oberbürgermeister von Berlin, Ernst Reuter, während der Blockade die 'Völker der Welt' aufgerufen, auf diese Stadt zu schauen, so sind sie nun durch Lokale in der Bergmannstraße und i