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Die wiederentdeckte Kunst des Zuhörens

ISBN/EAN: 9783608919165
Umbreit-Nr.: 668279

Sprache: Deutsch
Umfang: 316 S.
Format in cm: 2.5 x 20.8 x 12.6
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 31.12.2000
€ 20,00
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • 'Du hörst mir nie wirklich zu' ist ein Vorwurf, der nur allzu gerne fällt, wenn Menschen sich streiten. Es tut weh, nicht angehört zu werden - besonders von denen, die uns nahestehen. Warum hören wir einander nicht zu, warum ist diese Fähigkeit in unserer Zeit so selten geworden? Michael Nichols zeigt aufgrund seiner jahrzehntelangen therapeutischen Erfahrung, wie sehr wir von gelungener Kommunikation abhängen und was die Gewißheit, gehört und verstanden zu werden, für unser Selbstwertgefühl und unsere Lebenslust bedeutet. In treffenden, mitunter amüsanten Fallbeispielen illustriert er, welche unbewußten Vorstellungen und Erwartungen, welche weit in der Kindheit zurückliegenden Erfahrungen unser Gesprächsverhalten prägen. Er analysiert, warum Kommunikation in die Sackgasse geraten kann, und zeigt uns Möglichkeiten auf, dies zu verhindern. Wirkliches Zuhören ist keineswegs ein passiver Vorgang, sondern ein aktiver - ein erlernbarer Prozeß. Wirkliches Zuhören heißt offen zu werden für die Einzigartigkeit des anderen und birgt ein enormes Veränderungspotential in sich: für festgefahrene, oft in Schweigen erstarrte Beziehungen, für Männer und Frauen, Eltern und Kinder, Verwandte, Freunde und Kollegen. Nichols lädt uns mit diesem Buch ein, über unsere Art des Sprechens neu nachzudenken und eingespielte Streit- und Gesprächsmuster zu überwinden, damit wir miteinander wieder jenen echten Kontakt finden können, den wir so dringend benötigen.
  • Kurztext
    • Geglückte Kommunikation, insbesondere das Gefühl, wirklich angehört und verstanden zu werden, ist ein menschliches Grundbedürfnis wie Nahrung und Geborgenheit. Auf eindrucksvolle Weise führt uns Michael Nichols vor, warum gerade das Zuhören für uns so wesentlich ist, und zeigt, wie wir diese vergessene Tugend wieder lernen können.
  • Schlagzeile
    • Eine verlorene Kunst wieder entdecken
  • Leseprobe
    • Die Prioritäten des Zuhörers Im Sommer 1992 wurde Ariel Dorfmans Theaterstück Der Tod und das Mädchen mit Glenn Close, Richard Dreyfuss und Gene Hackman sehr erfolgreich am Broadway aufgeführt. Es ist ein Gedankenspiel im Gewand eines Polit-Thrillers, und die Handlung verweist auf ein südamerikanisches Land, womöglich Chile, unmittelbar nach dem Ende einer korrupten Diktatur. Schauplatz ist ein Haus an der Küste bei Nacht. Der Rechtsanwalt Gerardo wird vom neu gewählten Präsidenten mit der Aufklärung bestimmter Verbrechen der abgedankten Diktatur beauftragt. Auch seine Frau Paulina gehörte damals zu den Folteropfern. An diesem Abend hatte Gerardo unterwegs eine Wagenpanne, und ein gewisser Dr. Roberto Miranda hat ihn freundlicherweise nach Hause gefahren. Im Lauf eines geselligen Abends zu dritt, während draußen ein Gewitter tobt, erkennt Paulina die Stimme ihres Peinigers wieder - des Arztes, der sie damals im Gefängnis vergewaltigt hat. Bewaffnet mit einer Pistole, fesselt sie den Doktor, der seine Unschuld beteuert, und will ihn zu einem Geständnis zwingen. Aber ihr Mann schenkt ihr keinen Glauben. Wie konnte sie ihren Peiniger (damals in der Folterzelle hatte man ihr die Augen verbunden) nur an der Stimme erkennen? Gerardo kann sich nicht vorstellen, daß dieser freundliche Herr, der ihm auf nächtlicher Straße zu Hilfe gekommen ist, wirklich das Scheusal sein soll, das sich so furchtbar an Paulina vergangen hat. Sie aber ist sich absolut sicher - nie könne sie diese Stimme vergessen. Auch nachdem die beiden den undurchsichtigen Dr. Miranda mit seiner Schuld konfrontiert haben, ist Gerardo noch nicht überzeugt. Das Stück dreht sich um die Verzweiflung der Frau und die Skepsis des Mannes. Der Schluß bleibt offen. Eine Patientin erzählte mir erstmals von diesem Theaterstück, und sie sah darin ein Symbol für die Unfähigkeit eines Mannes, seiner Frau Gehör zu schenken - trotz all ihrer eindringlich flehenden Mahnungen. Meine Patientin glaubte sich in die Gefühle der Frau hineinversetzen zu können. Ich erklärte ihr aber, daß diese Geschichte nur eine einseitige Metapher des Mißverständnisses sei, handele sie doch nur von der Unfähigkeit des Mannes, die Frau anzuhören, und nicht auch von der Unfähigkeit der Frau, sich verständlich zu machen. Ich kannte das Stück noch nicht, wollte aber erreichen, daß meine Patientin endlich aufhörte, ihren Ehemann für beider Probleme verantwortlich zu machen, und ihre Kommunikation als einen Prozeß erkannte, der zwischen ihnen beiden stattfand. Erst später wurde mir klar, daß ich damit eine ähnliche Konstellation geschaffen hatte: Eine Frau versucht einem Mann etwas mitzuteilen - nämlich daß dieses Theaterstück sie beeindruckt hat, weil es sie daran erinnert, daß auch sie selbst bei ihrem Ehemann kein Gehör findet - und dieser Mann hört nicht zu. Nachdem ich das Stück gelesen hatte, konnte ich meiner Patientin nur beipflichten und ihre Reaktion nachvollziehen. Es ist die erschütternde Geschichte einer Frau, die verzweifelt versucht, Verständnis zu finden, und sich hoffnungslos mißverstanden fühlt. Dabei hatte ich mich in bester Absicht geweigert, meiner Patientin zuzuhören. Gewiß hatte ich vernommen, was sie zu mir sagte, aber ich war zu erpicht darauf, ihr eine Lektion über das Zuhören zu erteilen, um wirklich zu verstehen, was sie ausdrücken wollte: daß dieses Theaterstück sie aufregte und an ihre eigene Situation erinnerte. Mit meiner Antwort, "Ja, aber.", setzte ich sie ins Unrecht, um recht zu behalten. Nicht selten scheitert das Zuhören nach diesem Muster.