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Juden - Geld - Eine Vorstellung

Begleitbuch zur Ausstellung Frankfurt am Main 2013
ISBN/EAN: 9783593399232
Umbreit-Nr.: 4666358

Sprache: Deutsch
Umfang: 436 S., ca. 100 farbige Abbildungen
Format in cm: 2.8 x 22 x 16.5
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 15.04.2013
Auflage: 1/2013
€ 19,90
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • InhaltsangabeInhalt 7 Vorwort Raphael Gross Prolog 14 Vorstellungen Liliane Weissberg 29 Bilderstrecke Credo und Credit 38 U nentbehrlich und verachtet: Jüdische Geldleihe im Mittelalter Martha Keil 51 Bilderstrecke Hoffaktoren 66 Der Reichtum der Hofjuden - Jüdische Perspektiven Rotraud Ries 82 Privilegiert, toleriert, nobilitiert, diskriminiert - Die zweischneidige Erfolgsgeschichte der Wiener Juden Gabriele Kohlbauer-Fritz 95 Bilderstrecke Reich wie Ro thschild 108 Mythos Rothschild Fritz Backhaus 119 Bilderstrecke Geld: Vo n Münzen und Papier 132 "Unter grosser Gefahr und Risico bei mässigem Vortheil" - Die jüdischen Münzentrepreneurs in Preussen unter Friedrich dem Grossen 1740-1786 Bernd Kluge 145 Bilderstrecke Börse und Banken 156 Jüdische Privatbankiers und Grossbankdirektoren in Deutschland zwischen Kaiserreich und Zweitem Weltkrieg - Ein Überblick Martin Münzel 171 Bilderstrecke Handel und Kommerz 186 Juden und Handel: Von der Frühen Neuzeit bis zum Beginn der Emanzipation Jonathan Karp 204 Könige des Einzelhandels: Jüdische Warenhausunternehmer und Die Macht des Konsums Paul F. Lerner 219 Bilderstrecke Von der Zedaka zum Mäzenatentum 232 "Zedaka" - mehr als nur Geben Johannes Heil 242 "Wer heut zu Tage nicht reich ist, ist arm - das ist schon ein Fluch, der auf uns ruhet" Die Entwicklung des jüdischen Wohlfahrtswesens in Deutschland seit dem 17. Jahrhundert Derek J. Penslar 260 I m Zeichen der Emanzipation - Jüdisches Mäzenatentum in Wissenschaft und Kunst Sven Kuhrau 271 Bilderstrecke Kapitalismusdebatten 284 Juden und Kapitalismus in der Nationalökonomie um 1900: Zu Ideologie und Ressentiment in der Wissenschaft Nicolas Berg 308 Radikaler Antikapitalismus. Der Jude als Kommunist Jerry Z. Muller 334 Der utopische Blitzgedanke: Reichtum für alle - Gold, Geld oder etwas ganz Anderes? Detlev Claussen 349 Bilderstrecke Vernichtung 362 ". die hatten immer das meiste Geld" - Funktion und Bedeutung eines antijüdischen Klischees im "Dritten Reich" Frank Bajohr 375 Bilderstrecke Epilog 392 ". als ob man ein Bündel raschelndes Papiergeld küsst" - Reiche Juden in der westdeutschen Nachkriegsliteratur Stephan Braese 407 Bilderstrecke 428 Autorinnen und Autoren Danksagung Leihgeber Bildnachweis Impressum
  • Autorenportrait
    • Fritz Backhaus ist stellvertretender Direktor des Jüdischen Museums in Frankfurt am Main. Raphael Gross ist Direktor des Jüdischen Museums in Frankfurt am Main, des Fritz Bauer Instituts und des Leo Baeck Institute London sowie Reader in Queen Mary, Universität London. Liliane Weissberg ist Christopher H. Browne Distinguished Professor in Arts and Science und Professor for German and Comparative Literature an der University of Pennsylvania (USA).
  • Schlagzeile
    • Reich wie Rothschild?
  • Leseprobe
    • Im Jahr 1875 veröffentlichte Fjodor M. Dostojewskij den Roman Ein grüner Junge. Darin zeichnet ein junger Mann Empfindungen und Ideen auf, um sich über die Ziele seines Lebens Rechenschaft abzulegen. Illegitimer Sohn eines Adligen und nach Abschluss des Gymnasiums unsicher über seinen Lebensweg, schwankt er in einer Art spätpubertärem Delirium zwischen großen Ängsten und maßloser Selbstüberschätzung. Im Mittelpunkt seiner Fantasien steht eine erstaunliche Idee, der er sein Leben widmen will: Im fünften Kapitel nach langer Vorankündigung lässt Dostojewskij den Helden endlich das Geheimnis dieser Idee lüften: "Ein Rothschild zu werden - das ist meine Idee. Ich bitte den Leser, ernst zu bleiben und Ruhe zu bewahren. Ich wiederhole: Meine Idee ist - ein Rothschild zu werden, ebenso reich wie Rothschild; nicht einfach reich, sondern eben wie Rothschild." Vorbereitungen zur Verwirklichung dieser "Idee" sind Übungen in Konsumverzicht - so isst er zeitweise nur Brot und wirft Suppe und Fleisch weg - oder der Besuch einer Auktion mit dem Erwerb eines beliebigen Objekts, das er zufällig mit großem Gewinn weiterverkauft. Eigentliches Ziel seiner Bestrebungen ist es aber, durch unermesslich viel Geld so große Macht zu erlangen, dass er es - als Höhepunkt seiner Fantasien - nicht einmal mehr nötig hätte, sie öffentlich zu zeigen, sondern eher im Gegenteil durch ein ärmliches Auftreten zu verblüffen. Dostojewskijs Held wird am Ende dieses Entwicklungsromans seine Idee nicht verwirklichen. Auffällig ist: Für ihn und seinen Autor sind die Rothschilds in diesem Roman nicht einfach reich oder mächtig, sie sind offensichtlich mehr; eine mythische Größe, die Reichtum und Macht in märchenhaftem Ausmaß verkörpert. Bemerkenswert ist diese Mythisierung in einem Land, in dem die Rothschilds wie in Russland selbst keine Bank gegründet bzw. einen entsprechenden Versuch abgebrochen hatten.2 Dies scheint aber der Legendenbildung nicht hinderlich gewesen zu sein, sichtbar auch in den zahlreichen Geschichten und Witzen, die unter den armen Juden Osteuropas kursierten und in denen die Rothschilds das Ziel der Befreiung aus der Armut verkörperten. Hannah Arendt hat die Bedeutung der Rothschilds aus einer anderen Perspektive als Dostojewskij in ihrer Analyse der Entstehung des Antisemitismus im 19. Jahrhundert hervorgehoben und deren besondere Rolle im Übergang vom Ancien Régime zur modernen Gesellschaft in der These zusammengefasst, dass sie die "entscheidende Veränderung" symbolisierten, "die sich in dem Verhältnis der Juden zum Staat vollzog, als aus den Hofjuden der feudalen Herren und absoluten Monarchien die Staatsbankiers des 19. Jahrhunderts geworden waren. [.] Eine einzige Firma, die physisch in allen Finanzzentren Europas vertreten war, vereinigte alle die vielfältigen, zufälligen und individuellen Verbindungen und Beziehungen des ehemaligen Hofjudentums mit all ihren Möglichkeiten der Nachrichtenbeschaffung und den ganz neuen Chancen einheitlicher Organisation. Die eigentlichen Staatsbankiers dieser Epoche waren die Rothschilds, alle anderen waren ihre Mittels- und Verbindungsmänner, ihre Agenten. Die Monopolstellung des Hauses Rothschild, um das sich das west- und mitteleuropäische Judentum zentrierte, ersetzte bis zu einem gewissen Grade die alten Bande der Religion und Tradition, deren konservierende Kraft zum ersten Male in Jahrtausenden ernstlich gefährdet war." Reich Hannah Arendts historische Interpretation und Dostojewskijs Romanidee stehen nicht allein da. Die Rothschilds waren sicher die berühmteste jüdische Familie des 19. Jahrhunderts: Wie keine andere Familie verkörperten sie die neue Macht des Geldes und der Banken.4 So wurden sie zum Thema für Literaten, Journalisten und Karikaturisten in Deutschland, Österreich, Frankreich und England. Heinrich Heine, der in James und Betty de Rothschilds Salon in Paris verkehrte, überzeichnete die Macht der Rothschilds ironisch: "Jenes Privatkabinett [des Herrn Baron