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Was bleibt vom Staat?

Demokratie, Recht und Verfassung im globalen Zeitalter, Staatlichkeit im Wandel 11
ISBN/EAN: 9783593390178
Umbreit-Nr.: 1280627

Sprache: Deutsch
Umfang: 336 S., 2 Fotos, 2 Tab.
Format in cm: 2.1 x 21.2 x 13.9
Einband: Paperback

Erschienen am 09.11.2009
Auflage: 1/2009
€ 46,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Die Finanzkrise hat das Verhältnis zwischen Nationalstaat und internationalen Institutionen erneut in den Vordergrund gerückt, der Staat soll die Probleme der international kaum regulierten Wirtschaft entschärfen. Dabei stellt sich einmal mehr die Frage: Wie viel politische Verantwortung können EU und global agierende Institutionen übernehmen? Lassen sich die wesentlichen Errungenschaften moderner Staatlichkeit a?" demokratische Legitimation politischer Herrschaft und rechtliche Verfassung a?" auch jenseits des Nationalstaats sichern? Die Beiträger vertreten konträre Meinungen und zeigen die Chancen, aber auch die Schwachstellen von Demokratie, Recht und Verfassung auf globaler Ebene auf.
  • Autorenportrait
    • Nicole Deitelhoff ist Professorin für Internationale Beziehungen und Theorien globaler Ordnungspolitik an der Universität Frankfurt. Jens Steffek ist University Lecturer für Politikwissenschaft an der Jacobs University Bremen.
  • Schlagzeile
    • Staatlichkeit im Wandel - Sonderforschungsbereich der Universität Bremen
  • Leseprobe
    • Einleitung: Staatlichkeit ohne Staat? Nicole Deitelhoff und Jens Steffek Dem Staat zu entkommen ist nicht leicht. Wer ihn auf Reisen hinter sich lassen will, muss sich auf die hohe See begeben, in die Antarktis oder in den Weltraum. Den Rest beherrscht der Staat, usque ad coelum, usque ad inferos. Auch begrifflich und konzeptionell gibt es kaum ein Entrinnen. In der Rechtswissenschaft, der Politikwissenschaft und der politischen Philosophie wurde der Staat lange Zeit völlig unhinterfragt vorausgesetzt als Rahmen, in dem sich normative Analyse zu bewegen hat. Rechtstheorie meinte üblicherweise Recht im Staat, Demokratietheorie die Selbstregierung der Bürger im Staat, und Theorien der Gerechtigkeit beschäftigten sich mit dem guten Leben im Staat. Der Globalisierungsschub der vergangenen Jahrzehnte hat den Staat je-doch in vielen Dimensionen herausgefordert und fundamental verändert. Entscheidungskompetenzen sind abgewandert zu internationalen Organisationen und zur Europäischen Union, internationale Gerichtshöfe und Schiedsinstanzen fällen rechtsverbindliche Urteile, und transnationale Wirtschaftsunternehmen entziehen sich immer wieder dem Zugriff nationalstaatlicher Rechtsordnungen. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass international gesetzte Normen und Regeln immer tiefer in die nach wie vor national verfassten Gesellschaften hineinregieren, während sich gleichzeitig die Subjekte des Regierens und des Rechts zunehmend grenzüberschreitend bewegen. Zusammengenommen scheinen diese empirischen Entwicklungen eine Erosion nationalstaatlicher Befugnisse und Möglichkeiten der Rechts(durch)setzung zu bedingen und die Grundlagen nationaler demokratischer Selbstbestimmung effektiv auszuhebeln. Die Diagnose eines Bedeutungsverlusts des Nationalstaates oder gar seines nahenden Endes, wie sie seit den 1970er Jahren immer wieder aufkam (Crozier u.a. 1975; Hennis u.a. 1977; Strange 1996), ist nicht unumstritten (Müller, in diesem Band; Krasner 1999). In wichtigen Bereichen behält der Staat die Zügel nämlich durchaus in der Hand. Geht es etwa um das Gewaltmonopol und die Eintreibung von Steuergeldern, so sind die meisten Staaten nach wie vor kaum bereit, entsprechende Kompetenzen zu internationalisieren oder zu privatisieren. Auch die Letztverantwortung für alles, was auf dem staatlichen Territorium geschieht, hat der Staat nicht aufgegeben, und ein Großteil der Bürger erwartet nach wie vor von ihm, dass er ihnen im Krisenfall zur Seite steht, wie uns die Finanzkrise nachhaltig vor Augen führt. Auch wenn der Staat im Alltagsgeschäft keine Allzuständigkeit mehr behaupten kann, so wird er doch noch immer in die Pflicht genommen. Der Staat verschwindet also keineswegs, er verändert lediglich seine Gestalt (Genschel/Zangl 2008). Dennoch hat sich Unwohlsein breitgemacht angesichts der manifesten und nicht zu leugnenden Einbußen an staatlicher Gestaltungsmacht und der zunehmenden Sichtbarkeit internationaler Institutionen, die sich selbstbewusst in die ehemals nationalen Angelegenheiten einmischen. Da diese Institutionen weder staatsartig organisiert sind, noch staatsartig agieren, haben sich zur Beschreibung ihres Handelns sprachliche Hilfskonstruktionen wie "Governance" eingebürgert, die schon auf der begrifflichen Ebene den Zusammenhang zwischen der staatlichen Organisationsform und dem Regierungshandeln auflösen. "Governance without Government" heißt seit den frühen neunziger Jahren der Slogan, auf Deutsch spricht man analog oft vom Regieren ohne Regierung. Die Zeiten, in denen sich globales und europäisches Regieren auf eine stillschweigende Duldung durch die Bevölkerung stützen konnte, sind jedoch spätestens seit der Ratifizierungskrise des Maastrichter Vertrags und den teilweise gewaltsamen Protesten am Rande internationaler Konferenzen Geschichte. Forderungen nach einer Demokratisierung und Verrechtlichung, wenn nicht Konstitutionalisierung der internationalen Regierens prägen seither zunehmend die politische und akademische Deb