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Transdisziplinäre Forschung

Integrative Forschungsprozesse verstehen und bewerten
ISBN/EAN: 9783593388465
Umbreit-Nr.: 1419349

Sprache: Deutsch
Umfang: 321 S.
Format in cm: 2 x 21.4 x 14
Einband: Paperback

Erschienen am 10.11.2008
Auflage: 1/2008
€ 34,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Transdisziplinäre Forschung erarbeitet Handlungsstrategien für gesellschaftliche Probleme und stößt durch die fachübergreifende Kooperation wissenschaftliche Neuerungen an. Dabei ist es Aufgabe der Forschenden dieses neuen Wissenschaftstyps, unterschiedliche Wissensfelder zu integrieren. Die Autorinnen und Autoren stellen Methoden und Theorien dieser Forschungsrichtung vor und informieren über Kriterien und Verfahren zur Bewertung transdisziplinärer Forschungsprogramme und -ergebnisse.
  • Autorenportrait
    • Matthias Bergmann, Dr. Ing., arbeitet am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Er und Engelbert Schramm, Dr. rer. nat., sind Mitarbeiter am ISOE in Frankfurt.
  • Leseprobe
    • Innovation durch Integration - Eine Einleitung Matthias Bergmann und Engelbert Schramm Transdisziplinäre Forschung wird gesellschaftlich zunehmend anerkannt: Dies wird zunächst in der (zu euphorischen) Beschreibung einiger Wissenschaftsforscher deutlich, wonach an die Stelle einer akademisch orientierten und disziplinär verfassten Wissenserzeugung ein neuer, zweiter Modus wissenschaftlichen Arbeitens getreten sei, der sich an gesellschaftlichen Fragestellungen orientiere und durch die enge Zusammenarbeit von Forschern unterschiedlicher Disziplinen und Praktikern gekennzeichnet sei (vgl. Gibbons et al. 1994). Hier sei geradezu eine "kognitive Revolution" (Nowotny 1999) zu erkennen. Die wachsende Bedeutung des transdisziplinären Forschungsansatzes ist auch daran abzulesen, dass in Deutschland, aber auch in Österreich und zum Teil auch in der Schweiz auf der Ebene des Bundes vorrangig Forschung gefördert wird, die nicht alleine fächerübergreifende Aspekte der Wissenschaft berücksichtigt, sondern sich an gesellschaftlichen Problemstellungen orientiert und in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft, aus Kommunen, Verbänden und anderen Bereichen der Gesellschaft durchgeführt wird. Allerdings besteht auf der Seite der akademischen Wissenschaft erhebliche Skepsis nicht nur gegenüber dem in ihren Augen arroganten Anspruch des sogenannten Mode 2, sondern ganz allgemein gegenüber dem Praktizieren von transdisziplinären Forschungsansätzen. Häufig wird befürchtet, dass eine fächerübergreifende Zusammenarbeit nicht lohnend sei: Transdisziplinäre Vorhaben würden keine wirklich neuen Erkenntnisse produzieren (z. B. Weingart 2001: 341ff.), und der erforderliche Aufwand sei zudem sehr hoch. Damit korrespondiert, dass die Mehrheit der insbesondere an Hochschulen durchgeführten Forschung disziplinär ausgerichtet ist. Nur sehr vereinzelt werden, beispielsweise im Bereich der Wasserforschung, bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft inter- und transdisziplinäre Forschungsprojekte beantragt. Die meisten dieser Forschungsanträge haben zudem keine Erfolgschancen. Dafür werden von den Fachleuten in der Forschungsförderung im Wesentlichen zwei verschiedene Gründe benannt. Vielen Anträgen mangelt es einerseits an einer gemeinsamen Ziel- und Fragestellung und damit auch an klar formulierten gemeinsamen Hypothesen; vielmehr werden unverbunden verschiedene Teilsysteme untersucht und unterschiedliche disziplinäre Aspekte einfach additiv aneinandergefügt, ohne dass ein gemeinsames konzeptionelles Dach zu erkennen ist (Weber 2008). Andererseits gibt es für die Gutachter, die in den sogenannten Kollegien der DFG für die Bewertung von Anträgen herangezogen werden und die - für disziplingebundene wie für inter- und transdisziplinäre Forschungsanträge - nach ihrer disziplinbezogenen Fachkompetenz ausgewählt werden, keine Vorgaben für die Begutachtung. Daher wenden die Gutachter häufig die (unterschiedlichen) Güte- und Erfolgskriterien ihrer Herkunftsdisziplinen an, sodass die Anträge einerseits keinem der angelegten disziplinären Maßstäbe genügen und andererseits in ihrer Besonderheit überhaupt nicht erfasst werden (Hornbostel/Olbrecht 2007). Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung transdisziplinärer Forschung ist es erstaunlich, dass bisher eine Debatte über ihre Qualität und die dabei zu berücksichtigenden Kriterien kaum stattgefunden hat. Eine verhältnismäßig große Menge an deskriptivem, das Phänomen Transdisziplinarität in vielen Facetten und Meinungen darstellendem Material steht einer verschwindend geringen Zahl von Publikationen gegenüber, die sich analytisch mit dem Konzept und seinen Qualitätsanforderungen und -kriterien sowie mit spezifischen methodischen Anforderungen auseinandersetzen. Transdisziplinäre Forschungsaufgaben sind in der Regel eng auf den untersuchten, lebensweltlichen Problemkontext bezogen und werden daher oft in Form zeitlich begrenzter Projekte bearbeitet. Die daraus entstehende zeitliche Befristung von transdisziplinären Forschungskooperationen führt zu der Schwierigkeit, dass es bisher zu keiner feststellbaren Traditionsbildung gekommen ist. Es fällt schwer, sich auf bereits erprobte Herangehensweisen zu beziehen, im transdisziplinären Forschungsprozess erarbeitete wissenschaftliche Standards zu sichern und den "State of the Art" zu erkennen und aufzunehmen, weil inhaltliche und zeitliche Diskontinuität das Schaffen von Tradition und Standards behindern. Während es innerhalb von Fachgrenzen möglich ist, Qualitäts- und Bewertungskriterien quasi nebenbei zu identifizieren und weiterzugeben, erweist sich dies für eine transdisziplinäre Forschung wegen der konzeptionellen und personellen Diskontinuitäten als schwierig. Auch eine eigene Kultur dieser Forschungsform stellt sich nur schwer ein, da beispielsweise Publikationen zu Forschungsergebnissen, die transdisziplinär erarbeitet wurden, nur selten und dann meist nur ausschnitthaft in disziplinär geprägten Publikationsorganen untergebracht werden können - eigene, auf Transdisziplinarität spezialisierte und einem anerkannten Review-Prozess unterworfene Zeitschriften existieren kaum (Kueffer et al. 2007). Dennoch gibt es eine lebendige Praxis der transdisziplinären Forschung; für einzelne Forschungsfelder sind auch Good Practices benannt worden (vgl. etwa für eine regional ausgerichtete Nachhaltigkeitsforschung Luley/Schramm 2003). Aus unserer Sicht bleibt eine wissenschaftlich angeleitete Auseinandersetzung darüber, was gute transdisziplinäre Forschung ausmacht, dringend erforderlich. Das betrifft nicht nur die Bewertungskriterien für Forschungsvorhaben und für deren Ergebnisse. Wesentlich scheint uns vielmehr auch, diese Debatte so zu führen, dass die Durchführung von Forschungsvorhaben verbessert wird - von der Antragsstellung über die Instrumente und Methoden der Wissensintegration und das Projektmanagement bis hin zur Dissemination der erzielten Ergebnisse in die Wissenschaft und die gesellschaftliche Praxis. Derzeit sind zwar einige Handreichungen erhältlich, die "Rezepte" und Gestaltungsprinzipien für die Durchführung von transdisziplinären Forschungsprojekten enthalten (vgl. Defila et al. 2006, Pohl/Hirsch Hadorn 2006); das dort vermittelte "Gewusst-wie" ist jedoch nicht explizit mit dem Ringen um die transdisziplinären Gütekriterien verknüpft und nur zum Teil mit der Frage des "Gewusst-warum". Mit unserem Buch versuchen wir, Anstöße für einen solchen dringend notwendigen Diskurs und Hinweise auf dessen zentrale Themen zu geben sowie Startpunkte für die Bildung von Traditions- und Qualitätsbewusstsein aufzuzeigen. Daher betonen wir einerseits die vielschichtigen Evaluationsprozesse, andererseits den Aspekt der Integration, der nicht nur nach unserer Ansicht zentral für die Verbesserung transdisziplinärer Forschungsvorhaben und für die Qualität transdisziplinärer Forschung ist (Pohl et al. 2008: 411). Integration bezieht sich dabei nicht nur auf die soziale Integration unterschiedlicher (aus Wissenschaft und Praxis stammender) Forschungsakteure, sondern ebenso auch auf die kognitive Integration von Wissen aus verschiedenen Disziplinen und Praxisbezügen. Da in transdisziplinären Vorhaben das Wissen neu aufeinander bezogen und geordnet werden muss, ist die Frage der Integration zentral - auch für die Qualität transdisziplinärer Forschung. Erst Integration auf einer kognitiven, aber auch auf einer sozialen, einer kommunikativen, einer organisatorischen und möglicherweise auch auf einer technischen Ebene führt dazu, dass die transdisziplinäre Forschung gute Ergebnisse zu erzielen vermag. Bezogen auf diese unterschiedlichen Integrationsebenen ist eine Vielzahl von Aspekten zu berücksichtigen, zu planen und aufeinander abzustimmen, die die Integration befördern beziehungsweise behindern können. Die Beiträge dieses Bandes betrachten solche Fragestellungen aus unterschiedlichen Perspektiven und Interessen. Wissenschaftshistorische und soziologische, methodische und begri...