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Politik

Situationen eines Wortgebrauchs im Europa der Neuzeit, Historische Politikforschung 14
ISBN/EAN: 9783593384467
Umbreit-Nr.: 1889286

Sprache: Deutsch
Umfang: 512 S., 11 Fotos
Format in cm: 3 x 21.5 x 14
Einband: Paperback

Erschienen am 08.10.2007
Auflage: 1/2007
€ 69,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Die Geschichte des Begriffs 'Politik' reicht bis in die Antike zurück. Seitdem hat sich seine Bedeutung vielfach gewandelt und ausdifferenziert. Was 'Politik' bedeutete und was als 'politisch' bezeichnet wurde, veränderte sich je nach der historischen Situation des Wortgebrauchs. An den Beispielen Deutschland, Frankreich, England und Russland untersuchen die Autorinnen und Autoren des Bandes diesen semantischen Wandel für die Zeit vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Dabei entwickeln sie eine neue, umfassende Begriffsgeschichte des Politischen. Ausgezeichnet von H-Soz-u-Kult "Das Historische Buch 2009", Offene Kategorie (3. Platz).
  • Autorenportrait
    • Willibald Steinmetz ist Professor für Geschichte an der Universität Bielefeld.
  • Schlagzeile
    • Historische Politikforschung Herausgegeben von Wolfgang Braungart, Neithard Bulst, Ute Frevert, Heinz-Gerhard Haupt und Willibald Steinmetz
  • Leseprobe
    • Der Begriff des Politischen scheint sich selbst unsicher zu werden. So formulieren die Soziologen Armin Nassehi und Markus Schroer angesichts der gegenwärtig zu beobachtenden Zweifel, ob die Politik die ihr gemeinhin zugedachte Rolle der "Herstellung und Durchsetzung kollektiver Verbindlichkeiten" noch erfülle. Die im vorliegenden Band versammelten Aufsätze zeigen, dass die Begriffe des Politischen und der Politik immer unsicher waren, seit das Politikvokabular zu Beginn der Frühen Neuzeit vermehrt in die europäischen Sprachen Eingang fand. Zu keiner Zeit in der neueren Geschichte, nicht einmal in begrenzten Zeit- und Handlungsräumen, hat es einen verbindlichen Begriff des Politischen gegeben. Was >Politik< bedeutete, was als >politisch< bezeichnet wurde, änderte sich im Zeitablauf und variierte je nach Land, Sprache, Sprecher und Situation. Mit den Wortbedeutungen änderten sich zugleich die Konturen und Merkmale des jeweils gedachten politischen Kommunikationsraums. Die sozialwissenschaftliche Debatte des beginnenden 21. Jahrhunderts über Entgrenzungen der Politik ist nur das vorläufig letzte Glied in einer Kette von Auseinandersetzungen um Politikbegriffe, die in den folgenden Aufsätzen in diachron-vergleichenden Überblicken und vertiefenden Studien zu einzelnen Situationen rekonstruiert werden. Der Rückblick in die Begriffsgeschichte offenbart allerdings nicht nur semantischen Wandel, sondern lässt auch Kontinuitäten in Gestalt langlebiger Topoi sichtbar werden. So sehr sich die konkreten Gegenstände und Verhältnisse, denen eine politische Qualität zugesprochen wurde, im Laufe der neueren Geschichte geändert haben, so auffällig ist der Befund, dass einmal artikulierte Positionen und formale Unterscheidungen oft über Jahrhunderte hinweg abrufbar blieben und das Reden über Politik strukturierten. Die Aufsätze des Bandes thematisieren diesen Zusammenhang. Sie enthalten Beispiele für kurzlebige semantische Neuerungen ebenso wie für lang währende Stabilität basaler Definitionen und Argumentationsfiguren. Die gegenwärtige sozialwissenschaftliche Debatte ist durch ein derartiges Mischungsverhältnis aus innovativem Wortgebrauch und Rückgriff auf ältere Deutungsmuster gekennzeichnet. Wenn heute >Politik< mit aktiver Steuerung gleichgesetzt wird, wenn also angenommen wird, dass "der Politik die entscheidende Rolle bei der Steuerung der Gesellschaft" zukomme, so ist dies, wie Nassehi und Schroer betonen, eine inzwischen in die Jahre gekommene Vorstellung der Moderne, an deren Herausbildung die Sozialwissenschaften seit dem späten 19. Jahrhundert nicht unerheblich mitgewirkt haben. Mitgedacht war lange Zeit, dass der Staat die Steuerungsrolle zu übernehmen habe. Diese Vorstellung ist in den letzten Jahrzehnten ins Wanken geraten. Die Lenkungsansprüche der Politik wie auch die Zumutungen an die Politik, die Richtung weisen zu sollen, werden zunehmend als prekär empfunden. Mit dem vielfach diagnostizierten Versagen des Staates als Problemlöser gerät auch die lange wie selbstverständlich vollzogene semantische Kopplung, ja Identifikation von >Staat< und >Politik< in die Krise.