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'Träumen Sie in Farbe?'

György Ligeti im Gespräch mit Eckhard Roelcke
ISBN/EAN: 9783552052284
Umbreit-Nr.: 325868

Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format in cm: 2 x 23 x 14.5
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 10.03.2003
€ 19,90
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Kurz vor seinem 80. Geburtstag am 28. Mai 2003, zwischen Komponieren und Proben, erzählt der vielfach ausgezeichnete Komponist György Ligeti, der immer auch ein politischer Kopf war, dem Musikwissenschaftler Eckhard Roelcke seine abenteuerliche Lebensgeschichte und spricht über Musik und Politik, über Zeitgeschehen und Architektur, über Ideen und Begegnungen.
  • Kurztext
    • Kurz vor seinem 80. Geburtstag am 28. Mai 2003, zwischen Komponieren und Proben, erzählt der vielfach ausgezeichnete Komponist György Ligeti, der immer auch ein politischer Kopf war, dem Musikwissenschaftler Eckhard Roelcke seine abenteuerliche Lebensgeschichte und spricht über Musik und Politik, über Zeitgeschehen und Architektur, über Ideen und Begegnungen.
  • Autorenportrait
    • György Sándor Ligeti, geboren am 28. Mai 1923 in Târnaveni, Rumänien und gestorben am 12. Juni 2006 in Wien, war ein österreichischer Komponist rumänisch-ungarisch-jüdischer Herkunft. Ligeti gilt als einer der bedeutenden Komponisten des 20. Jahrhunderts. Einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde er durch die Verwendung seiner Musik als Filmmusik in 2001: Odyssee im Weltraum von Stanley Kubrick.
  • Leseprobe
    • Wie haben Sie den Aufstand 1956 erlebt?Es herrschte eine surrealistische Atmosphäre. Am 23.Oktober kam es zu diesem spontanen Aufstand. Es fing an mit Demonstrationen, die einen Tag vorher durch Demonstrationen in Posen ausgelöst worden waren. In Polen kam Gomu=ka an die Macht, das kann man alles in den Geschichtsbüchern nachlesen. Die Demonstrationen in Budapest waren improvisiert. Man hatte problemlos telefonieren können. Die Gespräche wurden zwar abgehört, das hat aber niemanden gekümmert. Es wurde viel herumtelefoniert, um die vielen tausend Studenten zusammenzubringen. Es wurde ein großer Demonstrationszug. In der Früh wußte ich noch nicht, daß am Abend Revolution sein würde.[. ]Drei Tage lang wurde gekämpft. Es begann an einem Dienstag, am Wochenende war es still. In der folgenden Woche gab es unter der Leitung von Imre Nagy eine neue kommunistische Regierung, der auch Nichtkommunisten angehörten. Nagy hat mit den Sowjets verhandelt. Mitte dieser Woche zogen sich die sowjetischen Truppen aus Budapest zurück. Das war gegen Ende Oktober, Anfang November. Am 4.November schlugen die Sowjets zurück, was wir schon am 2.November wußten. Neue sowjetische Truppen strömten ins Land. Heute weiß man aus Archiven in Moskau, daß die Sowjets sofort beschlossen hatten, den Aufstand mit Gewalt zu unterdrücken. Dazu brauchten sie allerdings Truppen aus Mittelasien. Das dauerte zehn Tage. Diese zehn Tage waren Revolution plus eine Woche Frieden. Die ganze Bevölkerung hat sich solidarisiert. Durch die Schießereien waren in vielen Geschäften die Scheiben kaputtgegangen, es wurde aber nicht geplündert. Niemand hat etwas angerührt! Es gab so eine Art moralischer Haltung. Allerdings herrschte große Angst vor antisemitischen Ausschreitungen von seiten der Rechtsradikalen, die es gab, weil der Kern der kommunistischen Führung aus vier Juden bestand. Deshalb gibt es auch heute in Ungarn einen virulenten Antisemitismus. Aber es kam zu keinen Ausschreitungen, weil das alles nicht zählte. Es gab auch keine Gewaltausbrüche gegen sowjetische Soldaten. Sie wurden nicht gehaßt, wohl aber die ungarische Staatssicherheit. Reihenweise wurden Staatssicherheitsleute an Laternen und Bäumen aufgehängt. Sie konnten sich nicht verstecken. Man konnte einen Staatssicherheitsmenschen auch in Zivil an seinem Regenmantel erkennen. Oft trugen die Leute der Staatssicherheit ein Maschinengewehr unter dem Regenmantel, und sie hatten ganz bestimmte Schuhe. Man konnte sie an ihren Schuhen erkennen! Schuhe waren sehr teuer und eine Seltenheit, eigentlich konnte man keine kaufen. Jeder hatte nur ein Paar Schuhe. Die Staatssicherheit hatte Schuhe bekommen, alle mit derselben Form. Bestimmt sind auch unschuldige Leute getötet worden, die solche Schuhe hatten. Die sowjetischen Truppen kamen mit Tausenden Panzern, die mit der Eisenbahn nach Budapest transportiert wurden. Am 3.November wurden sie rund um Budapest in Position gebracht, das sprach sich schnell herum. Am 4.November in der Früh, ungefähr um fünf Uhr, begann die Attacke. Innerhalb weniger Stunden war Budapest besetzt.[. ]Ihre Flucht haben Sie nicht von langer Hand vorbereitet. Sie sind erst mit der Bahn und dann zu Fuß geflüchtet und konnten also nicht viel mitnehmen. Hatten Sie Ihre bis dahin komponierten Werke dabei?Ich hatte eine Aktentasche mit meinen paar Kompositionen dabei, darunter auch»Víziók«. Das war die größte Partitur, ich hatte sie zusammengefaltet. Es war die erste Fassung des späteren Orchesterstücks »Apparitions«. Außerdem hatte ich eine Zahnbürste und Zahnpasta in der Tasche. Das war meine Vorstellung: Eine