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Meine Stimme verstörte die Leute

Diva assoluta Maria Callas
ISBN/EAN: 9783442737871
Umbreit-Nr.: 1309186

Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S., ca. 24 s/w. Abbildungen im Text
Format in cm: 1.9 x 18.8 x 12
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 02.06.2008
€ 9,00
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Jenseits der Inszenierung: das packende Porträt einer großen Künstlerin Keine Sängerin in der Musikgeschichte hat die Menschen so bewegt wie Maria Callas. Doch als Privatperson wurde sie oft auf das Klischee der kapriziösen, skandalträchtigen Diva reduziert. Gunna Wendt entwirft in ihrer Biographie ein neues, sehr privates Bild einer kompromisslosen, aber zutiefst unsicheren Frau, die schon zu Lebzeiten zum Mythos wurde.
  • Autorenportrait
    • Gunna Wendt studierte Soziologie und Psychologie und lebt als freie Autorin und Ausstellungsmacherin in München. Neben ihren Arbeiten für Radio und Theater schrieb sie mehrere Libretti für zeitgenössische Opern und veröffentlichte zahlreiche Biographien.
  • Leseprobe
    • VORSPIEL Sirmione, Lago di Garda, Juni 2003. Im Palazzo Civico, seit kurzem Palazzo Callas genannt, ist die Ausstellung 'Callas sempre Callas!' zu sehen. Damit ehrt die Stadt ihre berühmte Bewohnerin - sie besaß dort zusammen mit ihrem Ehemann Giovanni Battista Meneghini ein Haus - zu ihrem achtzigsten Geburtstag. Das Haus an der Piazza Carducci in der Altstadt leuchtet in sattem Türkis, der Lieblingsfarbe der Sängerin. Vereinzelte Touristen schlendern durch die Ausstellungsräume, bleiben vor den Vitrinen stehen, betrachten die Exponate: eindrucksvolle Spuren einer beispiellosen Karriere - Plakate, Programmzettel, Fotografien und als Talisman eine Schatulle mit dem Bild der Heiligen Familie. Mir fällt ein großer Fächer aus himbeerroten Straußenfedern ins Auge. Überdimensional, flirrend - sogar hinter Glas scheint er zu vibrieren -, versehen mit dem Hinweis: ', Rio de Janeiro, 28. September 1951.' Von weither ertönt ihre Stimme. Aus der Höhe. Ich folge ihrem Klang. Im dritten Stock ist ein provisorisches Kino eingerichtet. Auf der Leinwand Maria Callas und Tito Gobbi in der berühmten 'Tosca'-Inszenierung von Franco Zeffirelli, Covent Garden, London 1964. Der zweite Akt: Toscas Aufschrei der Verzweiflung. Nur für die Kunst habe sie gelebt. Nur für die Liebe. Warum wird das nicht belohnt? Warum drohen ihr nun Erniedrigung, Verrat und Vergewaltigung? Gibt es denn keine Hilfe, keine Rettung? Nicht nur ihrem Peiniger Scarpia scheint ihre Anklage zu gelten, sondern der ganzen Welt. Ich setze mich in die letzte Reihe. Ein Paar betritt den Raum, seriös gekleidet, Einkaufstaschen mit sich tragend, so als hätten sie nach der Arbeit noch gemeinsam Besorgungen gemacht. Plötzlich löst sich der Mann von seiner Begleiterin und lässt sich in einer der vorderen Reihen nieder. Sie ist überrascht, will ihn zurückhalten, aber er reagiert nicht. Sein Blick ist auf die Leinwand fixiert. Nichts anderes scheint ihn mehr zu erreichen. Und dann beginnt er plötzlich zu schluchzen. Die Frau drängt sich neben ihn, aber er wehrt sie mit entschlossener Geste ab, ohne seine Augen von der Leinwand zu lösen. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich in einiger Entfernung von ihm hinzusetzen und zu warten. 'Es werden so viele unsinnig geweint, aber die Tränen, die der Callas gegolten - sie waren so sinnlos nicht. Sie war das letzte Märchen, die letzte Wirklichkeit, deren ein Zuhörer hofft teilhaftig zu werden.' Das schrieb Ingeborg Bachmann in ihrer berühmten Hommage an Maria Callas. Darin versucht sie, das Unbegreifliche in Worte zu fassen: Die Erfahrung, dass die Zuhörer mit allen Sinnen in das Ereignis hineingezogen werden, das die Sängerin ihrem Publikum schenkte. Nicht nur die Zuschauer waren überwältigt, sondern auch ihre Kollegen. Der kürzlich verstorbene Dirigent Carlo Maria Giulini berichtete von der Zusammenarbeit mit der Callas bei 'La Traviata' an der Mailänder Scala im Mai 1955: 'Mich überfiel, wann immer ich diese Produktion dirigierte, stets dieselbe Empfindung - über zwanzigmal in zwei Spielzeiten. Für mich begab sich die Wirklichkeit auf die Bühne. Was hinter mir war, das Publikum, das Auditorium, die Scala selbst, all das schien mir künstlich. Nur das, was auf der Bühne atmete, war Wahrheit - war das Leben selbst.' Drei Jahre vorher hatte der amerikanische Kritiker Newell Jenkins über die Geschehnisse während und nach der Aufführung von 'I Puritani' in Florenz gestaunt: 'Am Ende jedes Aktes begab sich etwas ganz und gar Außergewöhnliches. Das Publikum rief, trampelte mit den Füßen oder stürmte nach vorn, um für Miss Callas Vorhang um Vorhang zu erzwingen. Das Orchester stand im Graben und applaudierte nicht weniger stürmisch als das Publikum.' Maria Callas feierte ihre größten Triumphe vor fünfzig Jahren an den großen Opernhäusern der Welt, allen voran an der Mailänder Scala. Sie wurde Diva divina und Diva assoluta genannt. Eine Zeit lang galt sie sogar als berühmteste Frau der Welt. Die Medien berichteten all