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Fischvogel

Roman
ISBN/EAN: 9783421044754
Umbreit-Nr.: 1170218

Sprache: Deutsch
Umfang: 216 S.
Format in cm: 2.2 x 20.5 x 13.3
Einband: gebundenes Buch

Erschienen am 01.03.2010
€ 17,95
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Zusatztext
    • Der letzte Geruch von SommerMikas Sommerferien verlaufen nicht wie erhofft: Ihre älteren Brüder verreisen ohne sie, ihre Freundin Ellen fährt mit dem Vater an die Adria, und die Eltern sorgen sich nur um den Jüngsten. Der kleine Bruder ist schwer krank, und Mika wünscht sich nichts so sehnlich wie seinen baldigen Tod. Am Ende des Sommers ist sie eine andere geworden, und nichts ist mehr, wie es war. Der Sommer 1974 ist regnerisch und scheint Mika unendlich lang. Die Vierzehnjährige ist in diesen Ferien ganz auf sich gestellt. Sie streift durch den Wald, pflückt überreife Himbeeren, geht baden. Weit weg soll der leuchtend grüne Fluss sie treiben, vom Neckar bis zur Nordsee. Keiner würde es merken, dass sie abends nicht nach Hause käme - die Mutter kümmert sich nur noch um den schwer kranken Kleinen. Und der Vater, ein Bildhauer, versucht seine Angst vor dem bevorstehenden Tod des jüngsten Sohnes mit Arbeit und Alkohol zu bezwingen. Als der Vater wieder einmal zu viel getrunken hat, beschließt Mika abzuhauen.Ein berührender Roman über die letzten Kindheitstage: Beate Rothmaier gelingt es überzeugend, die ambivalente Gedanken- und Gefühlswelt der vierzehnjährigen Mika lebendig werden zu lassen. In der seltsam bedrohlichen Wald- und Seenlandschaft spiegeln sich auf subtile Weise die Wirren des Erwachsenwerdens, die Angst vor dem Verlust eines geliebten Menschen, das Sehnen nach Liebe.
  • Kurztext
    • »Beate Rothmaier ist mit "Fischvogel" ein Meisterwerk gelungen.« Deutschlandradio »Fesselt von der ersten Zeile an mit einer Zartheit und gleichzeitig Genauigkeit in der Beobachtung, die dem Leser den Atem nimmt.« Wilhelmshavener Zeitung, 02.07.10 »Ein dunkel leuchtender Roman über die letzten Kindheitstage, erzählt in einem zeitlos schwebenden Ton, bildmächtig und voller Sprachmagie.« Amper-Kurier, 19.05.10
  • Autorenportrait
    • Beate Rothmaier, 1962 in Ellwangen geboren, studierte deutsche und französische Literatur. Sie lebt als freie Autorin in Zürich. Für ihr Debüt "Caspar" (2005) wurde sie mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Friedrich-Hölderlin-Förderpreis der Stadt Bad Homburg. Für "Fischvogel" (2010) erhielt sie ein Werkjahr der Stadt Zürich. "Atmen, bis die Flut kommt" ist ihr dritter Roman.
  • Leseprobe
    • Das Ende der Plastikplane flatterte im Wind. Ein ?berschnelles Zittern, als wolle es sich losrei?n und davonfliegen ins Zwielicht des verregneten Fr?hsommerabends hinein. Mika glaubte, den Fetzen mit ihrem Blick gebannt zu haben, als das Flattern nachlie?und in wenigen langsamen Bewegungen verzuckte. Das Fenster hatte sich wieder geschlossen. Sie hob die Dose an die Lippen, kippte sie und sog. Tr? rann Kondensmilch in ihren Mund, wo Mika die lauwarme Fl?ssigkeit mit der Zunge bewegte, dann schluckte. Der s??iche Geschmack beginnender G?ng f?llte ihre Mundh?hle. Bitterkeit am Zungengrund. Sie sch?ttelte die Dose, noch gluckste etwas Milch in ihr, Mika suckelte die letzten Tropfen heraus. Sie lag auf einem Schaffell in dem Baumhaus, das sie sich aus Schaltafeln, Brettern und Bauplanen selbst gezimmert hatte. Ein Holzgeh?e hoch oben in den ?ten, gro?genug f?r sie und ihre Sch?e; Vogelkasten und Containerkiste in einem, hob es sie in die Wolken und trug sie in die Welt.Der Wind frischte auf, ein Rufen drang an ihr Ohr. Wieder flatterte der Plastikfetzen, hob sich, senkte sich und ?ffnete den Blick vom Baumhaus auf die Stra?, auf der fast nie jemand war. Jetzt stand da dieser Wagen. Bereits vor Wochen hatte Mika ihn zum ersten Mal gesehen, dann war er verschwunden gewesen. Ein himmelblauer Opel Kapit?mit Rostblasen an den Kotfl?geln und einem ausw?igen Kennzeichen. Nie hatte sie jemanden einsteigen oder aussteigen, nie jemanden kommen oder weggehen sehen. Ger?chlos, als h?e ein Geist es hingestellt, war das Auto da, dann weg. Einmal hatte sie sich angeschlichen und durch die Scheiben gesp?. Das Innere des Wagens war sauber und aufger?t. Kein einziger Gegenstand, der R?ckschl?sse auf seinen Besitzer zugelassen h?e. Nicht einmal eine Stra?nkarte in den Seitenf?ern oder ein zerkn?lltes Zigarettenp?chen auf dem Boden. Nichts. Mika war sich sicher, dass der Wagen einem Mann geh?rte, keiner Frau, wusste jedoch nicht, woher sie die Gewissheit nahm. Frauen besa?n kein Auto, und wenn doch, dann fuhren sie einen K?r oder einen Mini. Kein rostiges Schiff wie den Opel.An einem hellen Fr?hsommernachmittag sa?eine dickliche Frau an ihrem Kinderbett und sang, drau?n fl?sterten die Birkenbl?er und begleiteten die schleppende Stimme der Frau, die die Kinder "Gurke" nannten. An anderen Tagen putzte sie in Mikas Zimmer, jetzt aber sang und zwang sie sie in den Mittagsschlaf, eia popeia, was raschelt im Stroh, und Mika begann sich zu f?rchten, denn sie wusste, was folgte. Guten Abend, gute Nacht, morgen fr?h, wenn Gott will, jederzeit konnte er sich, w?end sie schlief, entschlie?n, sie nicht mehr zu wecken, so lag sie mit aufgesperrten Augen, sah in die D?sternis des verdunkelten Zimmers und wagte kaum mehr zu blinzeln aus Angst, einzuschlafen und der g?ttlichen Willk?r ?berlassen zu sein, die sie m?glicherweise f?r immer w?rde schlafen lassen. So wachte das Kind, w?end die Frau sang. Und sang. Und irgendwann ?ber Mikas Kopf strich, sie weckte und ihr mit dem Rei?erschluss des Nickipullis in die Halshaut zwickte. Mika mochte Frau Gurke gern. Sie sang, w?end die Mutter Fahrstunden nahm, auf denen sie bestand, nun, da sie vier Kinder geboren hatte und noch immer jeden Einkauf mit dem Kinderwagen nach Hause karrte.Ein leises Rufen drang an Mikas Ohr. Sie robbte von dem muffigen Fell an den Rand des Bretterbodens, ?ffnete die Luke ihres Baumhauses, warf die Strickleiter hinab, kletterte bis auf halbe H?he des Birnbaums, stieg von dort weiter ?ber die tragenden ?te und sprang in die Wiese. Nasse Gr?r streiften ihre Beine unter den abgeschnittenen Jeans, als sie geduckt zur Hecke schlich und zwischen den Zweigen zum Haus hin?bersah. Die Abendluft lie?noch nichts vom kommenden Sommer ahnen, lediglich ein kr?iges Licht flimmerte zwischen den Str?hern hindurch in die Dunkelheit des wilden Gartens, in dem das M?hen kauerte, dem hintersten Winkel des letzten Grundst?cks einer baumbestandenen Vorstadtstra?. Hinter dem Haus endete die Stra? in einer Sackgasse und