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Gott und die Krokodile

Eine Reise durch den Kongo
ISBN/EAN: 9783570551257
Umbreit-Nr.: 1241368

Sprache: Deutsch
Umfang: 272 S.
Format in cm: 2.3 x 20 x 12.5
Einband: Englische Broschur

Erschienen am 08.02.2011
€ 14,99
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Mitten ins Herz Afrikas Andrea Böhm nimmt den Leser mit auf eine Entdeckungsreise durch den Kongo. Sie führt uns in die chaotische, vibrierende Hauptstadt Kinshasa. Sie folgt den Spuren eines afro-amerikanischen Missionars, der in den 1890er Jahren im Königreich der Kuba im Dschungel lebte, und begegnet mysteriösen Mayi-Mayi-Rebellen, die sich für unverwundbar halten. Sie begibt sich in die größten Diamantenfelder der Welt und in die zerrütteten Kivu-Provinzen im Osten des Landes, dem Schauplatz von »Afrikas erstem Weltkrieg«. Vor allem aber erzählt Andrea Böhm die Geschichten der Menschen, die ihr begegnen: Marktfrauen, die sich als Boxerinnen ein Zubrot verdienen; Musiker, die ihr Heil in Gott und Beethoven suchen; ein Kindersoldat, der mit seiner Mutter wieder vereint wird; Bergarbeiter, die mit bloßen Händen nach Bodenschätzen graben. Sie alle werden im täglichen Ausnahmezustand zu Meistern der Improvisation. Ausstattung: mit Abbildungen
  • Autorenportrait
    • Andrea Böhm, geboren 1961, lebte über zehn Jahre als freie Journalistin in den USA und schrieb u. a. für die tageszeitung, Die Zeit und GEO. 2004 erhielt sie den Theodor-Wolff-Preis, seit 2006 ist sie Redakteurin der Zeit. Regelmäßig bereiste sie in den letzten Jahren den afrikanischen Kontinent und ist eine ausgewiesene Kennerin des Kongo. Auf ihrem Blog berichtet Andrea Böhm von ihren Reisen.
  • Leseprobe
    • Dies ist kein Buch ?ber Afrika. Dies ist auch kein Buch von einer Wei?n, die ihr Herz an Afrika verloren hat und deswegen die unendliche Weite des Kontinents, dessen Sternenhimmel, unber?hrte Tierwelt oder edle Massai-Krieger suchen muss. Dies ist ein Buch ?ber den Kongo, eines von ?ber 50 afrikanischen L?ern, das, zugegebenerma?n, eine recht gro? Fl?e des Kontinents einnimmt. Der Kongo ist eine schier unersch?pfliche Quelle von Rohstoffen und von Klischees: Zu Ersteren z?en Diamanten, Kupfer, Kobalt, Gold, Uran, Holz. Zu Letzteren: ?schw?l?, ?barbarisch?, ?voller Rebellen?. Wie es halt sein muss im ewigen Herz der Finsternis. Wie alle anderen Klischees haben auch diese einen wahren Kern: die Luftfeuchtigkeit im Kongo ist unangenehm hoch. Die Verbrechen, die dort in den vergangenen Jahrhunderten begangen wurden und immer noch begangen werden, k?nnen einem den Schlaf rauben. Und nat?rlich gibt es Rebellen. Sie machen nicht einmal ein Zehntel Prozent der Gesamtbev?lkerung aus, was zeigt, wie nachhaltig wenige Menschen Schicksal und Schlagzeilen eines Landes bestimmen k?nnen, weil sie im Besitz einer Kalaschnikow sind. Dar?ber hinaus leben im Kongo rund 60 Millionen Nicht-Rebellen. Auch sie pr?n die Geschichte ihres Landes. ?Wenn man beurteilen will, was ein Fremder ?ber ein Land schreibt, muss man wissen, wann der Autor zum ersten Mal dort gewesen ist?, hat der britische Historiker und Autor Timothy Garton Ash einmal gesagt. ?War es vor oder nach der Revolution, Besatzung, Befreiung oder was immer die Z?r des Landes darstellt? Nat?rlich spielen auch die Biografie und die politischen ?erzeugungen des Autors eine Rolle. Aber meist ist der erste Besuch der pr?nde.? Ich habe das Land nicht bei einer Reise ins Kriegsgebiet kennen gelernt, sondern ?ber die Begegnung mit den Bewohnern seiner Hauptstadt Kinshasa. Kinshasa ist der Ausgangspunkt meiner Erkundung dieses Landes, der Ort, an dem dieses Buch seinen Anfang und sein Ende nimmt und an dem ich etwas sehr Entscheidendes begriffen habe. Auf dem H?gel des Universit?gel?es von Kinshasa befindet sich die morsche Anlage eines atomaren Forschungsreaktors. Der Reaktor ist schon lange nicht mehr in Betrieb, die Brennst? wurden, offenbar auf amerikanisches Betreiben, vor Jahren abtransportiert. Als ich eines Tages das nicht sehr stabil wirkende Tor zu der Anlage ?ffnete - mal reinschauen, dachte ich, wird ja nicht verboten sein -, pfiff mich ein grimmiger, sehr d?rrer Wachmann zur?ck. Nach einigen harschen Worten ?ber unbefugten Zutritt wechselte seine Stimmung, und er erz?te mit Stolz die Geschichte des Reaktors. Ein belgischer Geistlicher, Universit?rektor und Hobby-Nuklearphysiker namens Luc Gillon hatte noch zu Kolonialzeiten seiner Regierung die Idee eines kongolesischen Atommeilers in den Kopf gesetzt. 1959 ging der Reaktor, entworfen vom amerikanischen Konzern General Atomic, in Betrieb. Es war ein kleines Dankesch?n der Amerikaner, die ihrerseits Anfang der 40er Jahre aus der belgischen Kolonie Uran f?r ihr Manhattan Project und die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki geholt hatten. ?Stellen Sie sich vor, Madame?, sagte der Wachmann, ?wir h?en Atommacht werden k?nnen.? Die Begegnung mit dem Wachmann ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Nicht so sehr wegen des Gr??nwahns, mit dem manche Kongolesen den erb?lichen Zustand ihres Landes kompensieren. Sondern weil diese Episode deutlich machte, dass der Kongo nie, wie ich anfangs geglaubt hatte, am Rande der Weltgeschichte gestanden war. Er befand sich immer mittendrin. Sei es durch die Ausbeutung seiner Bodensch?e, die Politik seiner Machthaber oder die Interventionen des Auslands. Der Kongo ist weit mehr als eine belagerte Schatztruhe oder ein ewiges Katastrophengebiet. Er ist ein Schauplatz globaler Z?ren. Schlagworte wie ?Raubtierkapitalismus?, ?Globalisierung?, ?Rohstoffkriege?, ?humanit? Intervention?, ?Weltrecht? beschreiben Krisen und Wendepunkte unserer Zeit. Was kaum jemand wei? Die