Detailansicht

Nette Aussichten

Roman
ISBN/EAN: 9783442737956
Umbreit-Nr.: 1525329

Sprache: Deutsch
Umfang: 188 S.
Format in cm: 1.7 x 18.8 x 11.8
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 03.08.2009
€ 8,00
(inklusive MwSt.)
Nicht lieferbar
  • Kurztext
    • ?Atemberaubend eisiger Stil.? NDR Kultur ?Ein wahres Lesevergnügen.? Deutschlandradio Kultur ?St Aubyns Roman ist durchgehend scharfsinnig, atemberaubend und ? ja ? auch grausam.? Rheinischer Merkur
  • Autorenportrait
    • Edward St Aubyn wurde 1960 geboren und wuchs in England und Südfrankreich auf. Er studierte in Oxford. Seit 1992 hat er sechs Romane veröffentlicht. Edward St Aubyn ist Vater zweier Kinder und lebt in London. 2006 war er unter den Finalisten des renommier
  • Leseprobe
    • Patrick erwachte und wusste, dass er geträumt hatte, konnte sich aber an den Inhalt des Traums nicht erinnern. Ihn quälte der vertraute Wunsch, etwas zu fassen zu bekommen, das soeben aus dem Bewusstsein entschwunden war, auf dessen Existenz jedoch gerade durch sein Fehlen geschlossen werden konnte - wie man aus herumwirbelnden Papierfetzen schließen kann, dass ein schneller Wagen vorbeigefahren ist. Die verschwommenen Fragmente seines Traums, in dem er anscheinend an einem Seeufer gewesen war, vermischten sich mit der Aufführung von Maß für Maß, die er am Abend zuvor zusammen mit Johnny Hall gesehen hatte. Obwohl der Regisseur als Bühnenbild einen Busbahnhof gewählt hatte, konnte nichts den Schock mildern, das Wort "Gnade" derart oft an einem einzigen Abend zu hören. Vielleicht entstanden all seine Probleme daraus, dass er das falsche Vokabular verwendete, dachte er mit einer kurzen Aufwallung von Erregung, die es ihm gestattete, die Bettdecke zurückzuschlagen und zu erwägen aufzustehen. Er bewegte sich in einer Welt, in der das Wort "Wohltätigkeit", gleich einer schönen, von ihrem eifersüchtigen Ehemann unablässig bewachten Frau, ausschließlich in Begleitung der Wörter "Essen", "Komitee" oder "Ball" auftrat. Für "Mitgefühl" hatte niemand Verwendung, wogegen "Milde" häufig vorkam, und zwar in Form von Klagen über die Kürze von Gefängnisstrafen. Dennoch wusste er, dass seine Schwierigkeiten grundsätzlicherer Natur waren. Er war erschöpft von seinem lebenslangen Bedürfnis, Widerstreitendes miteinander zu vereinbaren: Er wollte in seinem Körper und außerhalb seines Körpers sein, im Bett und auf der Vorhangstange, in der Vene und in der Spritze, ein Auge hinter einer Augenklappe verbergen und mit dem anderen die Augenklappe mustern; er mühte sich, dem ständigen Beobachten ein Ende zu setzen, indem er sich in die Bewusstlosigkeit trieb, und fühlte sich dann gezwungen, die Ränder der Bewusstlosigkeit zu beobachten und die Finsternis sichtbar zu machen; er entzog sich jeder Anstrengung, verdarb das Nichtstun jedoch durch Rastlosigkeit, er fand Wortspiele verlockend, hatte aber einen Widerwillen gegen das Virus der Zweideutigkeit; er neigte dazu, Sätze in der Mitte mit dem Scharnier eines einschränkenden "aber" zu versehen, sehnte sich jedoch danach, seine Zunge wie eine Eidechse entrollen und eine vorbeisausende Fliege mit unfehlbarer Präzision fangen zu können; er versuchte verzweifelt, der selbstzerrüttenden Ironie zu entkommen und zu sagen, was er wirklich meinte, doch das, was er wirklich meinte, vermochte nur Ironie auszudrücken. Ganz zu schweigen, dachte Patrick, als er die Füße aus dem Bett schwang, von den zwei Orten, wo er heute Abend sein wollte: auf Bridgets Party und nicht auf Bridgets Party. Und er war nicht in Stimmung, mit Leuten zu Abend zu essen, die Bossington-Lane hießen. Er würde Johnny anrufen und sich mit ihm allein zum Essen verabreden. Er wählte die Nummer, legte aber sofort wieder auf und beschloss, erst einmal Tee zu kochen. Kaum lag der Hörer auf der Gabel, als das Telefon läutete. Es war Nicholas Pratt, der ihn dafür tadelte, dass er auf die Einladung nach Cheatley nicht reagiert hatte. "Dank mir bloß nicht dafür", sagte Nicholas Pratt, "dass ich dir eine Einladung zu diesem glanzvollen Ereignis heute Abend verschafft habe. Ich bin es deinem lieben Papa schuldig, dich ins richtige Fahrwasser zu lotsen." "Ich ertrinke bereits darin", sagte Patrick. "Außerdem hast du den Boden für diese Einladung nach Cheatley schon bereitet, indem du Bridget nach Lacoste mitgebracht hast, als ich fünf war. Schon damals war klar, dass sie eines Tages zu den Spitzen der Gesellschaft gehören würde." "Und du warst zu ungezogen, um derart Wichtiges zu bemerken", erwiderte Nicholas. "Ich weiß noch, dass du mir in der Victoria Road mal sehr fest ans Schienbein getreten hast. Ich bin durch die Eingangshalle gehumpelt und hab versucht, mir nichts anmerken zu lassen, um deiner lieben Mutter die Aufregung zu ersparen. Wie geh