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Das PISA-Echo

Internationale Reaktionen auf die Bildungsstudie, Staatlichkeit im Wandel 16
ISBN/EAN: 9783593393278
Umbreit-Nr.: 1154739

Sprache: Deutsch
Umfang: 326 S.
Format in cm: 2.4 x 21.5 x 14.1
Einband: Paperback

Erschienen am 08.11.2010
Auflage: 1/2010
€ 41,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Die PISA-Studie löste weltweit Debatten über die Qualität der Schulbildung aus. Doch welche Auswirkungen hatte PISA letztlich auf die nationalen Bildungspolitiken? Die Autoren nehmen das PISAEcho bei Gewinnern und Verlierern unter die Lupe. Sie zeigen, wo Reformen angestoßen wurden und wo - trotz schlechter Ergebnisse - nicht. Ihre Studien reichen von Deutschland, der Schweiz, Spanien, England und Frankreich bis nach Mexiko, Neuseeland und die USA.
  • Kurztext
    • Die PISA-Studie löste weltweit Debatten über die Qualität der Schulbildung aus. Doch welche Auswirkungen hatte PISA letztlich auf die nationalen Bildungspolitiken? Die Autoren nehmen das PISAEcho bei Gewinnern und Verlierern unter die Lupe. Sie zeigen, wo Reformen angestoßen wurden und wo - trotz schlechter Ergebnisse - nicht. Ihre Studien reichen von Deutschland, der Schweiz, Spanien, England und Frankreich bis nach Mexiko, Neuseeland und die USA.
  • Autorenportrait
    • Kerstin Martens lehrt Politikwissenschaft in Bremen. Daniel de Olano und Philipp Knodel sind wiss. Mitarbeiter im SFB 597. Marie Popp promoviert im Fach Politikwissenschaft.
  • Schlagzeile
    • Staatlichkeit im Wandel
  • Leseprobe
    • Im Dezember 2010 geht PISA (Programme for International Student Assessment), die größte internationale Schulleistungsuntersuchung, in die nächste Runde: Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung werden veröffentlicht. Alle drei Jahre erfasst PISA die bis zum Ende der Pflichtschulzeit erworbenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern. Seit 2001 gibt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre jeweils ein Jahr zuvor erhobenen Resultate zur Performanz von Bildungssystemen bekannt. In der Studie wird untersucht, "inwieweit es den unterschiedlichen Bildungssystemen in den Teilnehmerländern gelingt, jungen Menschen gerechte Chancen für Bildungserfolg zu geben". Neben dem Bologna-Prozess kann PISA heute als das herausragendste Beispiel für internationale Vorgänge im Bereich der Bildungspolitik gelten. PISA hat Deutschland, das sich in der Tradition von Philosophen wie Immanuel Kant und Reformern wie Wilhelm von Humboldt, Dichtern wie Goethe, Schiller oder Lessing und Naturwissenschaftlern wie Wilhelm Conrad Röntgen, Robert Koch oder Albert Einstein wähnte, ins Mark getroffen. Die bisherigen Statistiken der OECD haben aufgezeigt, dass das deutsche Bildungssystem zu Beginn des neuen Millenniums signifikante Schwächen aufweist - und das in Zeiten einer aufkommenden weltweiten Wissensgesellschaft, in der Bildung zur entscheidenden Ressource wird (siehe zum Beispiel Köhler 2006; Müller/Stravoravdis 2007). Zwar hatten bereits im Jahre 1997 die Ergebnisse der internationalen Bildungsstudie TIMSS (Third International Mathematics and Science Study) deutliche Defizite in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundbildung offen gelegt und den deutschen Schülerinnen und Schülern nur einen Platz im Mittelfeld attestiert, doch erst die Ergebnisse von PISA 2000 (OECD 2001a; Deut-sches PISA-Konsortium 2001) lösten in Deutschland einen Sturm der Ent-rüstung, der Besorgnis und des Reformeifers aus. Nicht nur die Bildungs-experten aus Politik, Forschung und Wirtschaft, sondern auch die breite Öffentlichkeit - an der die TIMSS-Studie wenige Jahre vorher nahezu unbemerkt vorbeiging - richteten ihre Aufmerksamkeit nun verstärkt auf die Missstände im deutschen Schulwesen. In keinem anderen an der PISA-Studie teilnehmenden Land gab es auf die erste Erhebung so viele Zeitungsberichte (Leibfried/Martens 2008; Martens/Niemann 2009). Die Öffentlichkeit, Politiker und Eltern waren gleichermaßen in einen Schockzustand versetzt. Quasi über Nacht war Bildung nun in aller Munde. In fast allen Bundesländern wurde das Ab-schneiden der eigenen Schülerinnen und Schüler zum Wahlkampfthema, nachdem die von der Kultusministerkonferenz in Auftrag gegebene nationale Ergänzungsstudie PISA-E erhebliche Leistungsunterschiede im Ländervergleich offen gelegt hatte. Aber auch in anderen Ländern hat es im Anschluss an PISA Debatten über die Qualität der Schulbildung gegeben (Bogdandy/Goldmann 2008/2009; Grek 2009; Martens/Niemann 2009; Martens/Wolf 2006; Popp 2010; Rinne/Kallo/Hokka 2004). Doch wie fiel das PISA-Echo bei Gewinnern und Verlierern genau aus? Welche Reformen im Bildungsbereich hat PISA angestoßen? Wie können unterschiedliche Reaktionen auf PISA erklärt werden? Dieses Buch will die Auswirkungen von PISA auf nationale Bildungspolitik aus politikwissenschaftlicher Perspektive genauer unter die Lupe nehmen. Im Mittelpunkt der einzelnen Kapitel stehen die durch PISA ausgelösten Reformen und Diskussionen über nationale Bildungspolitik sowie die Erklärungsfaktoren für den unterschiedlichen Umgang mit der OECD-Studie. An einen Überblick über die Methodik und die Ergebnisse von PISA schließen sich Fallstudien zu Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Spanien, England, Mexiko, Neuseeland und den USA an, bevor die Erfahrungen weiterer PISA-Teilnehmerländer überblicksartig beleuchtet und die Befunde abschließend aus vergleichender Perspektive analysiert werden. Der Band nimmt dabei Bezug auf die "OECD-34", integriert in die Ranglisten also auch die 2010 neu in die Organisation aufgenommenen Staaten Chile, Estland, Israel und Slowenien. Internationalisierung von Bildungspolitik Bildungspolitik befindet sich heute in vielen Ländern im Umbruch. Globalisierte Arbeitsmärkte, die steigende Bedeutung von Humankapital in der Wissensgesellschaft sowie zunehmende finanzielle Engpässe nationalstaatlicher Budgets führen dazu, dass Bildungsinhalte und -ziele neu gesetzt werden, Strukturen und Institutionen Reformen durchlaufen sowie neue Akteure an bildungspolitischen Prozessen und Entscheidungen beteiligt werden. Aus politikwissenschaftlicher Sicht ist Bildungspolitik allerdings ein noch wenig erschlossenes Politikfeld (zum Stand der Forschung siehe Jakobi/Martens/Wolf 2010). In den vergangenen Jahren ist dabei die Frage der Auswirkungen internationaler Bildungsaktivitäten auf die nationale Gestaltung von Bildungspolitik in den Mittelpunkt der Forschung gerückt. Während der Bologna-Prozess als Paradebeispiel von Konvergenzprozessen große Aufmerksamkeit erfährt (siehe zum Beispiel Knill/Dobbins 2009; Witte 2006a, 2006b), hat die sozialwissenschaftliche Forschung das Phänomen PISA erst in den letzten Jahren für sich entdeckt (siehe zum Beispiel Martens et al. 2010; Münch 2009). PISA ist ein Beispiel für Internationalisierungsprozesse in der Bildungspolitik, die in den späten 1990er Jahren eingesetzt haben. Neue Akteure, insbesondere internationale Organisationen, und neue Formen der Steuerung treten im Bereich der Bildungspolitik auf und stellen die bislang dominierende Rolle des Staates in diesem Politikfeld zunehmend in Frage (Martens/Rusconi/Leuze 2007). Das bislang stark nationalstaatlich geprägte Politikfeld Bildung wurde um eine internationale Ebene ergänzt, auf der internationale Organisationen ihre Kompetenzen und Einflussmöglichkeiten sukzessive ausbauen konnten. Dass sich internationale Organisationen in diesem Zuge zu bedeutenden Akteuren in der Bildungspolitik entwickelt haben, kann einem von den Staaten initiierten freiwilligen Selbsttransformationsprozess zugeschrieben werden (Hurrelmann et al. 2007; für Bildungspolitik siehe Martens/Weymann 2007). Im Falle des der PISA-Studie zu Grunde liegenden OECD-Bildungsindikatorenprogramms war es beispielsweise die Absicht nationaler Regierungen, insbesondere der USA und Frankreichs, die OECD als internationale Organisation zur Überwindung innenpolitischer Opposition zu instrumentalisieren (Martens 2007; Martens/Wolf 2006, 2009). Internationale Organisationen wie die OECD haben die ihnen zugewiesenen neuen Aufgaben nicht nur in dem von den initiierenden Staaten beabsichtigten Umfang erledigt, sondern entfalteten unvorhergesehene "institutionelle Dynamiken" (Barnett/Finnemore 1999, 2004; für den Bereich der Bildungspolitik siehe Martens/Wolf 2006, 2009) und entwickelten eigene Agenden für ihre neuen Aufgabengebiete. Auch wenn sie bei der Bearbeitung dieser Aufgaben auf die spezifischen Problemlagen ihrer Mitgliedstaaten eingehen, so werben sie letzten Endes doch für ein ganz bestimmtes Politikmodell, das sich an eigenen übergeordneten Zielen der Organisation orientiert (Finnemore 1993). Im Falle der PISA-Studie ist das von der OECD beförderte Politikmodell eher implizit als explizit: "Die Studie liefert Basismaterial für die Definition von Standards und den Evaluationsprozess. Ferner gibt sie Aufschluss über die Faktoren, die zur Entwicklung wichtiger Kompetenzen beitragen, sowie über die Art und Weise, wie diese in den einzelnen Ländern wirksam werden. Damit dürfte sie zu einem besseren Verständnis von Ursachen und Folgen beobachteter Kompetenzdefizite beitragen. PISA befürwortet eine Verlagerung des Schwerpunktes in der Bildungspolitik von den Inputs auf die Lernergebnisse und kann so die Länder bei ihren Bemühungen um Verbesserung ihrer Schulsysteme unterstützen und dazu beitragen, dass junge Menschen bei ihrem Eintritt in das Erwachsenenleben besser vorbereitet sind auf eine Welt des raschen Wa...