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Medienmacht und Gesellschaft

Zum Wandel öffentlicher Kommunikation
ISBN/EAN: 9783593385938
Umbreit-Nr.: 1316305

Sprache: Deutsch
Umfang: 286 S.
Format in cm: 2.1 x 21.5 x 14.2
Einband: Paperback

Erschienen am 13.05.2008
Auflage: 1/2008
€ 39,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Das Thema Medien und Macht wird von der Öffentlichkeit von jeher kritisch betrachtet. Weckt es doch die Erwartung einer gezielten oder verdeckten Einflussnahme von Meinungen, Einstellungen und Wertehaltungen. Wenn Medienbeobachter heute von »So viel Macht war noch nie« sprechen, meinen sie damit nicht nur die Folgen zunehmender ökonomischer Konzentrationsprozesse und geänderter Besitzverhältnisse. Verstärkt wird auch thematisiert, ob und wie neue Technologien neue Artikulationsformen ermöglichen und damit dem Publikum bzw. den Nutzern eine neue Rolle zukommen lassen. Der Band beleuchtet die ambivalenten Folgen der aktuellen Medienentwicklung.
  • Kurztext
    • Das Thema Medien und Macht wird von der Öffentlichkeit von jeher kritisch betrachtet. Weckt es doch die Erwartung einer gezielten oder verdeckten Einflussnahme von Meinungen, Einstellungen und Wertehaltungen. Wenn Medienbeobachter heute von 'So viel Macht war noch nie' sprechen, meinen sie damit nicht nur die Folgen zunehmender ökonomischer Konzentrationsprozesse und geänderter Besitzverhältnisse. Verstärkt wird auch thematisiert, ob und wie neue Technologien neue Artikulationsformen ermöglichen und damit dem Publikum bzw. den Nutzern eine neue Rolle zukommen lassen. Der Band beleuchtet die ambivalenten Folgen der aktuellen Medienentwicklung.
  • Autorenportrait
    • Michael Jäckel ist Professor für Soziologie (Konsum- und Kommunikationsforschung) an der Universität Trier. Manfred Mai ist außerplanmäßiger Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und war jahrelang Leiter des Referats Medienwirtschaft in der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen.
  • Schlagzeile
    • Medien und Macht
  • Leseprobe
    • Was in der Soziologie auf den ersten Blick mit "Medien und Macht" in Verbindung gebracht wird, nämlich Konzentration von Meinungsmacht und gezielte Formen der Manipulation, verbirgt sich heute in zunehmendem Maße hinter "individualisierten" Geschäftsbeziehungen zwischen Anbietern und Kunden, die angesichts einer Vervielfältigung der Distributionswege viele Wege zu Medienprodukten beschreiten können. Im Vorfeld der Funkausstellung 2006 hatte der Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen, Norbert Schneider, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit seinem Beitrag "Soviel Macht war noch nie" (Schneider 2006) auf diese Veränderungen aufmerksam gemacht. Er plädierte darin für ein neues Medienrecht, weil sich die Übersichtlichkeit der analogen Welt in eine Unübersichtlichkeit der digitalen Welt zu verwandeln beginne. "Funktionsschmelzen" seien beobachtbar, die die klassische Trennung von Produktion, Distribution und Vermarktung aufheben. Konsumentensouveränität werde nun also noch ernster genommen als in den Anfängen des dualen Rundfunks. Jetzt werde eben direkt mit dem Kunden abgerechnet. "Und der Nutzer der neuen Offerten scheint mindestens auf den ersten Blick seine Ohnmacht abzustreifen, auf dem Weg zum ewigen Königtum des Kunden." (Schneider 2006, S. 36) In dieser Beobachtung fließen zahlreiche Bedenken zusammen, die in erster Linie die Vorstellungen von Medienaufsicht und Medienkontrolle betreffen. Der Kunde ist in der Vergangenheit schon häufig auf den Thron des Königs gehoben worden, nunmehr werden die klassischen "Schutzbereiche" der Rundfunkstaatsverträge mit den Notwendigkeiten des Verbraucherschutzes verbunden. Damit wird erkennbar, dass die Institution des Rundfunks auf der organisatorischen Ebene uns nicht mehr nur an Fernsehanstalten oder Verlagshäuser denken lässt, sondern neue Player - Banken, Kapitalbeteiligungsgesellschaften, Netzbetreiber - am Werk sind, die eher weniger nach journalistischen als nach ökonomischen Kriterien die Entscheidungen vorbereiten, die dann irgendwann eine "normative Kraft des Faktischen" entfalten können. Schneider befürchtete, dass die Ruhe auf der politischen Ebene eine solche Entwicklung begünstigen könnte. Eine Vielzahl der in diesem Band zusammengefassten Beiträge ist daher mit der Frage befasst, was diese Veränderungen für den "ersten Blick" der Soziologie bedeuten können. Treten uns die mit "Medien und Macht" assoziierten Probleme nun in einem "entstrukturierten" Kontext entgegen? Im Zuge der Debatte um die Individualisierung der Massenkommunikation sind diese Fragen bereits aufgetaucht, aber nicht wirklich nachhaltig behandelt worden. Jetzt, da erneut vermehrt über die Zukunft der Massenkommunikation diskutiert wird, wird nicht nur ein zweiter Blick erforderlich, sondern auch der zweite Atem des Phänomens deutlich, weil neue Verbreitungs- und Zugriffstechnologien den Medienmarkt in Bewegung bringen. Zu diesen "Bewegungen" gehört das Verhältnis von Medien und Politik. Gerhard Vowe und Marco Dohle stellen in ihrem Beitrag den Begriff "Mediatisierung" in den Mittelpunkt und zeigen in einem historischen Rückblick den Wechsel in der Semantik dieses Begriffs auf. Eine besonders enge Verzahnung von Medien und Politik verdeutlicht Martin Hambückers am Beispiel Italiens, das einen Sonderfall politischer "Bewegungen" darstellt. Insbesondere Berlusconi hat dafür gesorgt, dass diese Veränderungen in einem politischen System stets in enger Verbindung mit medialer Macht diskutiert wurden. Die Parlamentswahl 2006 in Italien dient dabei als empirische Grundlage. Das Beispiel "Berlusconi" steht zugleich für eine enge Verquickung von Politik und Unterhaltung. Diese Verquickung kann mehr oder weniger offensichtlich sein. Katrin Döveling fragt daher nach der Macht des Emotionalen in TV-Formaten am Beispiel performativer Reality TV-Konzepte, Hilaria Gössmann nimmt das fiktionale Genre der Fernsehdramen zum Anlass, um die Frage zu beantworten, ob auch diesen Macht zugesprochen werden kann. Umgekehrt versucht Lutz Hieber zu zeigen, dass die Instrumentalisierung medienspezifischer Aufmerksamkeitsregeln durch aktive Teile des Publikums sowohl Formen kreativer Medienkompetenz als auch Verlagerungen von Machtpositionen zwischen Medienanbietern und Medienrezipienten mit sich bringen kann. Ob sich die Relation zwischen politischer und medialer Macht durch neue Akteure und Formen der Mediendistribution verändert, diskutiert Manfred Mai. Angesichts zunehmender personeller und institutioneller Verschränkungen zwischen Politik und Medien stellt sich die Frage, was die Medienpolitik unter den Bedingungen zunehmender Fragmentierung von Anbietern und Rezipienten noch erreichen kann, um ein Meinungsmonopol zu verhindern. Die Diskussionen um die Konsequenzen für die Medienaufsicht schwanken zwischen dezentralen oder zentralen Modellen sowie zwischen eher etatistischen Lösungen oder solchen, die auf Selbstregulierung setzen, wie Meike Isenberg an der Debatte über die Reform der Medienaufsicht zeigt. Ein besonderes Gewicht wird schließlich auf neue Möglichkeiten der Einflussnahme von Mediennutzern auf Medienangebote gelegt, aber auch auf Formen der gezielten Integration sowie neue Produktions- und Rezeptionsstrukturen. So zeigt Michael Jäckel, dass in die Diskussion um das aktive Publikum Bewegung geraten ist, die sich in verschiedenen Varianten von Medienkritik und Medienprotest manifestiert. Die Ambivalenz von Mitwirkungsmöglichkeiten und elektronisch gestützter Partizipation im Mediensektor verdeutlicht Josef Wehner. Eine Analyse neuerer journalistischer "Integrations"-Projekte, die mal "Bürgerjournalismus" genannt werden, mal unter dem Etikett "Leser-Reporter" firmieren, findet sich in dem Beitrag von Ute Volkmann. Christian Stegbauer und Elisabeth Bauer blicken hinter die Kulissen eines offenen Enzyklopädieprojekts. Vor dem Hintergrund der Organisationssoziologie von Robert Michels ergeben sich erstaunliche Parallelen, die den demokratischen Anspruch des Wikipedia-Projekts in einem anderen Licht erscheinen lassen. Nicole Zillien zeigt, dass die Internetnutzung einer Patientengruppe das Arzt-Patient-Verhältnis ebenfalls in Bewegung bringt. Gemeinsam ist allen Beiträgen, dass einer inflationären Zuschreibung von Macht und Einfluss im Feld der klassischen und neuen Medien durch kritisches Hinterfragen Grenzen gesetzt werden. Es geht daher im weiteren Sinne auch um Chancen und Grenzen politischer Partizipation und den Wandel öffentlicher Kommunikation. Die "Machtfrage" wird auch in künftigen Medienwelten eine große Rolle spielen - gerade weil sich die Formen und Strukturen medialer Macht ändern.