Detailansicht

Global Exit

Die Kirchen und der Totale Markt, btb-TB 73133
ISBN/EAN: 9783442731336
Umbreit-Nr.: 101091

Sprache: Deutsch
Umfang: 224 S.
Format in cm: 1.6 x 18.7 x 11.8
Einband: kartoniertes Buch

Erschienen am 01.01.2004
€ 10,99
(inklusive MwSt.)
Lieferbar innerhalb 1 - 2 Wochen
  • Zusatztext
    • Es geht um unser Leben, sagt Carl Amery in seiner brisanten Streitschrift. Unsere Welt wird im neuen Jahrtausend, beschleunigt durch den Sieg des Totalen Marktes, zusammenbrechen und unbewohnbar werden. Zentrale Aufgabe für die historischen Kirchen der Christenheit im 21. Jahrhundert muss es deshalb sein, den Kampf gegen die Religion des Totalen Marktes aufzunehmen und für eine funktionierende Zukunftsgesellschaft zu wirken. Wie kann die Erde als bewohnbarer Planet erhalten bleiben? Die lateinamerikanische Befreiungskirche könnte ein Beispiel sein für den Exodus aus dem "Sklavenhaus des globalen Kapitalismus". Was hindert die Kirchen daran, diesen Weg einzuschlagen?
  • Autorenportrait
    • Geboren am 9. April 1922 in München. Studium der Neuphilologie sowie der Literaturtheorie und -kritik in München und Washington. Mitglied der Gruppe 47, von 1989 bis 1991 Präsident des bundesdeutschen PEN-Zentrums sowie Mitbegründer der E.F. Schumacher-Gesellschaft für politische Ökologie. Amery schrieb neben einigen Hörspielen zahlreiche Romane und wurde vor allen Dingen durch seine kulturkritischen Essays sowie als engagierter Ökologe bekannt. Jahrzehntelang hat er mit Büchern wie "Die Botschaft des Jahrtausends", "Hitler als Vorläufer" oder "Global Exit" die politische Diskussion in der Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt. Zuletzt erschienen im Frühjahr 2005 die von ihm herausgegebenen "Briefe an den Reichtum". Er wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem mit dem "Tukan Preis", dem "Bayerischen Friedenspreis" und 1991 mit dem "Literaturpreis der Stadt München". Carl Amery starb am 24. Mai 2005 im Alter von 83 Jahren in seiner Heimatstadt München. Bei Luchterhand erschienen u.a.: "Global Exit" und "Briefe an den Reichtum". In der Sammlung Luchterhand: "Hitler als Vorläufer", "Das Geheimnis der Krypta" und "Die Wallfahrer".
  • Leseprobe
    • Unsere Lebenswelt könnte untergehen. Dies wäre die Folge unserer Fortschritte in der Naturbeherrschung und unserer Unfähigkeit (oder Unwilligkeit), diese Fortschritte lebensgerecht zu ordnen und zu überwachen. Daß es dazu kommen kann, ist nicht unlogisch. Aber daß es dazu kommen muß, ist nicht zwingend. Homo sapiens sapiens, erst vor kurzem in die Lebenswelt entbunden, begriff diese als Gefahr und Beute. Was er zum Überleben benötigte, fand er zur Not in seinem Kopf und in den Sinnen vor, und er folgte (was blieb ihm anderes übrig?) zunächst dem Programm alles Lebendigen, gespeichert im limbischen Reptiliengehirn: Nähre dich redlich oder unredlich, hol dir, was du schnappen kannst, multipliziere dich, mach's dir so bequem, wie's dir die Welt erlaubt, mit den dir erreichbaren Ressourcen. (So weiß es schon und so handelt, viel tiefer unten auf der Skala des Lebendigen, das Programm der Bierhefe: Sein folgerichtiger Endpunkt, kulturell vom Brauer herbeigeführt, ist der Erstickungstod in den eigenen Exkrementen. Causa finalis, Endziel: Das könnten wir durchaus erleben.) Homo sapiens - homo demens Daneben aber, vielmehr darüber, das eigentliche Humane -und das ist nicht die Einbrecher- und Diebesgeschicklichkeit des homo oeconomicus: Kisten aufeinanderstapeln, um an die Bananen zu kommen, dergleichen schafft Vetter Schimpanse allemal. Das spezielle Humanum, die wirkliche Differenz zur Zoologie, das ist die Reflexion der eigenen Lust und Pein, der Blick auf die Schatten an der Höhlenwand - und der Versuch, dies alles (das Fressen, das Gefressenwerden, den Auf- und Untergang der Sonne, das Traumgespräch mit dem verstorbenen Vater, die Angst vor den tausend Augen von den nahen Hügeln, den unentrinnbaren Tod) zum verständlich-verständigen Muster zu ordnen - to establish order out of noise. So entstehen Epen und Kathedralen, so entstehen aber auch Wahnsinnssysteme und Wahnsinnstaten der verschiedensten Art und Schattierung, der homo sapiens ist unvermeidlich und von Anfang an auch der homo demens, der Verrückte in Zeit und Raum. Daraus erwuchsen Kulturen, gräßliche und wundervolle; und damit war wundervoll und gräßlich zu leben - und zu sterben. Denn zur allgemeinen Krise des Lebendigen führten sie deshalb nicht, weil der Tod noch zu mächtig war, die unentbehrliche Verkehrsform des Lebens: Wirbelt die Spirale des Ausgriffs, der Jagd nach Glück und Ressourcen, zu weit in schlechte Unendlichkeit, dann zieht sie die zentripetale Kraft von Not und Tod an die festigende Achse zurück. Viel Grün, und die Schneehasen vervielfachen sich; viel Schneehasen, und die Zahl der Polarfüchse explodiert - bis das Gras verwelkt, die Hasen gefressen, die Füchse dezimiert sind. Gab es eine verheerende Pest, dann starb die Hälfte der Leute, die Rodungsflächen erholten sich, und die Löhne der Dienstboten stiegen. Die piekfeine, die hochmoderne, die Globalkrise: die besorgte uns der homo oeconomicus, der im Bierhefe- und Schimpansenprogramm nicht nur verharrte, sondern es zum Motor des Fortschritts verklärte; immer mehr von seinen höheren Fähigkeiten (zuletzt den ganzen Produktionsfaktor Wissenschaft) investierte er in den stets weiteren Ausgriff der Gierspirale, den (letzten Endes tragikomischen) Erfolg der Panikflucht vor Not und Tod, weg von der Todesachse, die er nicht als Stabilisierung, sondern als Verhöhnung, als Beleidigung, als unbedingt zu beseitigenden Grundfehler der Existenz begreift (vielmehr: zu begreifen vorzieht). Opportunismus im Treppenhaus: Genesis des Kapitalismus Die großen alten Systeme des Höheren, der Ethik, der Philosophie und Theologie, geben dazu nicht viel her. Sie haben die schlauen Basteleien mit Kot, Eisen und Dynamit, mit Nachschlüssel und Genomen nie als zentralen Gegenstand ihrer Betrachtung gesehen, sie haben keinen Geschmack daran. Sie bewerten, entwerten das alles als notwendige Lästigkeiten, als die - möglichst diskrete - Anfuhr der Lebensmittel durch den Lieferanteneingang ins Parterre des Zivilisa