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Wunschtraum in den Wellen

Erzählungen, Kleine Griechische Bibliothek 15
ISBN/EAN: 9783961600762
Umbreit-Nr.: 3177693

Sprache: Deutsch
Umfang: 250 S.
Format in cm:
Einband: Paperback

Erschienen am 01.03.2022
€ 19,00
(inklusive MwSt.)
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  • Zusatztext
    • Liebe als treibende Kraft, der Tod allgegenwärtig im Meer und am Horizont des Daseins: Bei den Menschen auf Skiathos fügen sich elementare Erfahrungen zu einem berührenden Panorama persönlicher und sozialer Schicksale im Griechenland des 19. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stets Frauen, deren Schönheit, Liebes- und Standvermögen der feinfühlige Psychologe Papadiamantis in einer irisierenden Sprache huldigt. Die sechs Meistererzählungen des Bandes wollen so gar nicht zu den Klischees des heutigen Inseltourismus passen. Auch der Mikrokosmos der entlegenen Sporadeninsel vereint in sich, was überall auf dieser Welt geschieht: große Gefühle, grenzwertiges Handeln, dramatische und komische Verhält- nisse sowie tröstliche Entwicklungen.
  • Autorenportrait
    • Alexandros Papadiamantis (1851-1911), einziger Sohn eines orthodoxen Popen auf der Insel Skiathos, entzog sich seiner Familie und den väterlichen Wünschen durch ein Studium in Athen, das er allerdings nie abschloss. In der Hauptstadt überlebte er durch Übersetzungen und als Privatlehrer. Ab 1879 publizierte er auch eigene Texte und hatte mit der Erzählung "Das Zigeunermädchen" (1884) einen ersten Achtungserfolg, ohne dass sich seine wirtschaftliche Situation dadurch veränderte. Kirchensänger bei nächtlichen Gottesdiensten, saß er tagsüber oft in einem ärmlichen Krämerladen und gab nichts auf seine wachsende Bekanntheit. 1908 kehrte er Athen den Rücken und verbrachte die letzten Lebensjahre alkohol- und rheumakrank auf seiner Heimatinsel. Dort starb er an einem Januarmorgen 1911 psalmensingend an einer Lungenentzündung.
  • Leseprobe
    • Doch wie unbescholten ich auch war, die Neugierde ließ nicht auf sich warten. Ganz langsam krabbelte ich wieder hinauf zur Felskuppe, immer gut versteckt hinter Gebüsch, und beugte mich nach vorn, das schwimmende Mädchen anzuschauen. Oh! Wonne, Wunschtraum, Wunder! Moshoula trieb fast fünf Klafter von der Höhle entfernt im Wasser, hatte mir den Rücken zugewandt und blickte ostwärts. Ich sah ihren schwarzen und doch mattgold schimmernden Schopf, ihren wohlgeformten Nacken, die milchigen Schultern und feinen, wie gemeißelten Unterarme, und alles verschmolz im Mondlicht honigfarben unwirklich ineinander. Ich erkannte zwischen Schatten und Lichtschein ihre geschmeidige Taille, ihre Hüften, Waden und Füße, sämtlich in Meerwasser getaucht. Ich erriet ihre Brust, ihren Schoß, der sich in prächtiger Wölbung den lauen Winden und dem göttlichen Meeresduft darbot. Sie' war ein Hauch, ein Idol, das jegliche Vorstellung überstieg, ein Wunschtraum in den Wellen - eine Nereide, Nymphe, Sirene, die dahintrieb wie ein verzaubertes Schiff, ein geträumtes.