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Selbstorganisation der Materie
Dialektische Entwicklungstheorie von Mikro- und Makrokosmos
ISBN/EAN: 9783880215542
Umbreit-Nr.: 8508701
Sprache:
Deutsch
Umfang: 356 S.
Format in cm: 2.3 x 22.8 x 17.8
Einband:
gebundenes Buch
Erschienen am 25.11.2019
Auflage: 2/2019
€ 25,00
(inklusive MwSt.)
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- Zusatztext
- Woher kommen die vielfältigen Materieformen im Kosmos? Welche Gesetzmäßigkeiten treiben ihre Entwicklung? Die naturwissenschaftlich-technische Revolution der letzten Jahrzehnte ermöglichte die Entdeckung einer Fülle neuer Materieformen und Einblicke in ihre Entwicklungsgesetzmäßigkeiten. Trotzdem beantwortet eine idealistische Richtung in der modernen Physik diese Fragen mit der modernen Schöpfungsgeschichte eines Urknalls und einem Ende des Kosmos im Wärmetod. In kritischer Auseinandersetzung mit solchen Deutungen fasst das vorliegende Buch die vielfältigen Entdeckungen in der dialektisch-materialistischen Theorie der selbstorganisierten Entwicklung der Materie zusammen. Es behandelt dabei Selbstorganisationsprozesse von den Quantenfeldern und subatomaren Bausteinen über Materieformen unserer Alltagswelt bis hin zu Galaxien und gigantischen Strukturen der Galaxiensuperhaufen. Dabei wird herausgeschält: Naturgesetze stehen nicht als Weltformel über der Materie, sondern sind Ausdruck ihrer Struktur und Dynamik. Die moderne Physik muss sich frei machen von den ideologischen Einflüssen des Idealismus und Positivismus, um aus der entstandenen Krise herauszukommen.
- Kurztext
- Mit dem Nobelpreis für Physik im Jahr 2016 wurden theoretischen Arbeiten der Physiker Thouless, Haldane und Kosterlitz zur Erforschung neuer exotischer Materiezustände in suprafluiden und magnetischen Systemen ausgezeichnet. Das vorliegende Buch Selbstorganisation der Materie führt in das aktuelle Verständnis solcher Materiezustände ein. Im Gegensatz zur idealistischen Vorstellung der Materie im Mikrokosmos als Punktteilchen im leeren Raum wendet der Autor diese Erkenntnisse auf die Entwicklung des modernen Ätherbegriffs an. Dieser erfüllt als suprafluider Quantenäther den gesamten Raum. Elementarteilchen bilden sich unter geeigneten Bedingungen durch Selbstorganisation im Quantenäther heraus, eine Theorie die im Gegensatz zur Vorstellung der Entstehung in einem Urknall steht.
- Autorenportrait
- Prof. Dr. Christian Jooß, Jahrgang 1967, ist Universitätsprofessor für Physik in Göttingen und arbeitet in den Bereichen Festkörper-, Material- und Quantenphysik. Er hat besonders die Entwicklung neuer Materiezustände durch kollektive Selbstorganisation in stark wechselwirkenden Vielteilchensystemen, wie Supraleitern und magnetischen Systemen untersucht. Aktuell forscht er an neuen Ansätzen für die erneuerbare Energiewandlung in stark korrelierten Materialien. Neben seinen Hauptarbeitsgebieten hat er sich mit fachlichen und weltanschaulichen Entwicklungen und Kontroversen in vielen Bereichen der Physik befasst. Ehrenamtlich ist er in der Arbeiter-, Umwelt- und Jugendbildung aktiv, sowie in verschiedenen Wissenschaftseinrichtungen.
- Leseprobe
- Vorwort zur 2. Auflage Krise an der Vorderfront der Physik titelte die New York Times am 7. Juni 2015. Teilchenphysik: Supersymmetrie in der Krise ist der Aufmacher der September-Ausgabe 2014 von Spektrum der Wissenschaft. Die Krise der Physik ist offen ausgebrochen: Keines der von vereinheitlichten Materietheorien seit Jahrzehnten vorhergesagten Teilchen wurde experimentell an Teilchenbeschleunigern gefunden. Das heute vorherrschende physikalische Weltbild richtet sich gegen ein vertieftes Verständnis der Struktur und Entwicklungsprozesse der Materie. Stattdessen sucht es das Wesen der Materie in mathematischen Symmetrien mikroskopischer Materiebausteine, die über der Natur stehen. Verloren in der Mathematik, kritisiert die Physikerin S. Hossenfelder [Hossenfelder 2018]: Anstatt von experimentellen Beobachtungen ließ sich die Teilchenphysik von der mathematischen Schönheit der Gleichungen leiten. Die entstandene Krise der Physik betrifft jedoch nicht nur einzelne Zweige, wie die Teilchenphysik. In der Kosmologie behauptet die Urknalltheorie die Erschaffung von Materie und Energie aus dem Nichts einer Anfangssingularität. Sie stützt sich alleine auf die Deutung der Rotverschiebung des Lichts entfernter Himmelskörper als allgemeine Fluchtbewegung und ist losgelöst von der beobachtbaren Entwicklung der Materie im All. In der zu Grunde liegenden Allgemeinen Relativitätstheorie wurde die Gravitation geometrisiert, zu einer Eigenschaft eines gekrümmten leeren Raums, einem Nichts erklärt. Entstehung von Materie aus dem Nichts im Urknall, Ersetzung von Materie durch Geometrie leerer Räume in der Gravitation und Deutung der subatomaren Teilchen und Quantenfelder in der Teilchenphysik als Anregungen des Nichts: Die offene Krise verschiedener Bereiche der Physik haben eine gemeinsame Ursache in der Erkenntnistheorie. Diese erkenntnistheoretische Krise der Physik entstand, trotz ungeheurer Fortschritte in Einzelfragen. Sie begann bereits im Übergang zum 20. Jahrhundert, als unter dem Einfluss idealistischer Philosophien, insbesondere des Empiriokritizismus, des Pragmatismus und des Neopositivismus, der Anspruch der Physik aufgegeben wurde, die Materie als objektiv und unabhängig vom menschlichen Bewusstsein existierende Realität immer allseitiger zu erkennen. Max Planck stellte schon Anfang der 1930er-Jahre in seinem Vortrag Positivismus und reale Außenwelt besorgt fest: Auch diese (die Physik) ist freilich von der allgemeinen Krisis nicht verschont geblieben. Auf ihrem Gebiet ist eine gewisse Unsicherheit entstanden, die Meinungen in erkenntnistheoretischen Fragen gehen zum Teil erheblich auseinander. Ihre bis dahin allgemein anerkannten Grundsätze, sogar die Kausalität selber, werden stellenweise über Bord geworfen. [Planck 1949 S. 228] Jeder Naturwissenschaftler und jede Naturwissenschaftlerin arbeiten unter weltanschaulichen Einflüssen, die sich in der einen oder anderen Weise auf Auswahl und Methode seiner Experimente, seinen Erkenntnisprozess und seine Schlussfolgerungen auswirken. Weltanschauungen sind ein System von theoretischen Ansichten und Urteilen über Natur und Gesellschaft und stehen in vielfältiger Wechselbeziehung zur Methodik der wissenschaftlichen Arbeit. Bei aller Vielfalt sind sie jedoch alle danach zu unterscheiden, wie sie die weltanschauliche Grundfrage nach dem Verhältnis von Sein und Bewusstsein beantworten: Ob sie der materialistischen Richtung zuzurechnen sind, wonach das Sein, die objektive Realität, primär ist, vom menschlichen Bewusstsein widergespiegelt werden kann und unabhängig von ihm existiert. Oder ob sie zur idealistischen Richtung gehören, wonach das Primäre Empfindungskomplexe und Ideen sind, die über der Wirklichkeit stehen, die damit sekundär ist. Die Entstehung gegensätzlicher Weltanschauungen und ihre Wirkung in den Naturwissenschaften haben ihre Ursachen in der Klassenteilung der Gesellschaft. Jede Weltanschauung trägt den Stempel einer Klasse. So brachte die moderne Naturwissenschaft mit ihrer Entstehung zu Beginn der Neuzeit im weltanschaulichen Kampf des Bürgertums gegen die idealistische feudale Scholastik zunächst einen naturwüchsigen Materialismus hervor, der auf der Einheit von Theorie und Praxis fußte. So revolutionär diese Geburtsphase der modernen Naturwissenschaft war, so wenig war sie aber in ihrer weiteren Entwicklung im Übergang zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert aufgrund ihrer mechanischen Grundauffassung in der Lage, die neuen Erkenntnisse der Zeit richtig zu deuten. Die Dialektik als Theorie und Untersuchungsmethode von Entwicklungsprozessen musste Einzug in die Naturwissenschaft nehmen und tat dies auch: Kant prognostizierte genial die Vorstellung vom Werden und Vergehen von Sonnensystemen im Weltall. Darwin entwickelte die Lehre der Evolution, der Theorie der Entwicklung der Lebewesen von niedrigen zu höheren Stufen. Dies und die Beobachtung der Klassenkämpfe im 19. Jahrhundert bildete eine materielle Grundlage für die von Karl Marx und Friedrich Engels ausgearbeitete dialektisch-materialistische Auffassung der Entwicklung in Natur und Gesellschaft. Sie befruchtete als wissenschaftliche Weltanschauung der Arbeiterklasse nicht nur das Bestreben der Menschheit um Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung, sondern auch das Denken und Forschen fortschrittlicher Wissenschaftler weltweit. Im Übergang zum 20. Jahrhundert verlangten neue Erkenntnisse in den Naturwissenschaften (Elektrizität, Radioaktivität, Quantenphysik, Gravitation, usw.), diese mit Hilfe der dialektisch-materialistischen Methode zu deuten. Obwohl auch heute viele Naturwissenschaftler spontan dem Materialismus zuneigen, erfassten mit der Krise der kapitalistischen Gesellschaft die weltanschaulichen Krisenwirkungen der bürgerlichen Ideologie auch die Naturwissenschaften: Der Neopositivismus wurde zur herrschenden Variante der idealistischen Erkenntnistheorie in den Naturwissenschaften. Er ermöglicht zwar Einzelerkenntnisse, fragmentiert jedoch die notwendige Erkenntnis des Gesamtzusammenhangs der Natur und löst in der theoretischen Deutung die mathematische Theorie von der Wirklichkeit. Damit wird die Idee mathematischer Modelle primär gegenüber der Materie. Die moderne Mathematik mit ihrer ungeheuren Leistungsfähigkeit kann jedoch nur das theoretische Verständnis der Materie untermauern und quantitative Prognosen erzielen, wenn sie als näherungsweise Widerspieglung der objektiven Wirklichkeit aufgefasst und in diesem Sinne bewusst, d.h. im Bewusstsein ihrer Grenzen, angewandt wird. Das vorliegende Buch Selbstorganisation der Materie untersucht kritisch die Wirkung des physikalischen Idealismus im theoretischen Verständnis der Materiestrukturen von den Quantenfeldern und subatomaren Bausteinen bis hin zur Kosmologie, der Entwicklung von Galaxien und der gigantischen Strukturen der Galaxiensuperhaufen. Es geht dabei insbesondere den Eigenschaften und Entwicklungsprozessen der Strukturebenen der Materie unterhalb der atomaren Bausteine und ihrer Beziehung zum Makrokosmos auf den Grund. Im Gegensatz zum physikalischen Idealismus, der diese Materiesysteme durch ein Vakuum, eine Leere mit hochdimensionalen mathematischen Räumen ersetzt, in denen sich angeblich Superstrings oder Membranwelten formen, bezieht das Buch konsequent einen materialistischen Standpunkt: Die verschiedenen Quantenfelder und ihre Anregungen in Form subatomarer Teilchen wird mit der Theorie des suprafluiden Quantenäthers zusammengefasst. Dazu wird auf dem Erkenntnisfortschritt im Verständnis von Systemen kondensierter Materie und ihrer Möglichkeit quantenflüssiger, z.B. suprafluider Zustände aufgebaut. Tatsächlich wurde mit dem Higgs-Boson das einzige neue Teilchen, welches 2012 am Teilchenbeschleuniger CERN gefunden wurde, schon 1964 aus der Theorie eines suprafluiden Äthers vorhergesagt [Higgs 1964]. Dies wird jedoch in der idealistischen Deutung als Gottesteilchen unter den Teppich gekehrt. Die heute fortgeschrittenste...